Moritz Coschell (1872–1943), ein gebürtiger Wiener, war um 1900 nach Berlin gekommen und hatte sich schnell als Gesellschaftsmaler etablieren können. Mit dem französischen Korrespondenten des „Figaro“, Charles Bonnefon (1871–1935), gestaltete Coschell 1907 eine üppige Ausgabe des „Figaro illustré“ über Berlin. Die treffenden Skizzen Coschells und die bissigen Beschreibungen Bonnefons zum Berliner Leben sind es wert, neu entdeckt zu werden.
Die „Identität des Ichs“ ist ein zentrales Problem der europäischen Philosophie und prägt die westliche Kultur bis heute. Der Germanist und Kulturwissenschaftler Ulrich Merkel geht dieser Frage interdisziplinär auf den Grund: Der Geschichte seiner seit dem 13. Jahrhundert von der christlichen Kirche behaupteten Identität und unsterblichen Seele werden Geschichten der europäischen Literatur entgegengestellt, welche zeitlich parallel im deutlichen Kontrast dazu nur unstete und multiple Ichs kennt: ohne Identität – und nur als Beziehung zu einem „Du“ und „Wir“.
Wie viele Wörter Autorinnen und Autoren pro Arbeitstag schaffen, ist sehr unterschiedlich und ändert sich oft im Laufe ihrer Karriere. Schrieb Graham Greene gerade einmal 500 Wörter am Tag, strebte J. G. Ballard schon doppelt so viel an, und Frederick Forsyth schätzte seinen Output auf zwölf Seiten oder 3000 Wörter. Für Lee Child sind 600 Wörter pro Tag das Minimum; doppelt so viel ist ein guter, das Vierfache ein exzellenter Tag.
Walter Mehring war in den Jahren der Weimarer Republik neben und mit Kurt Tucholsky wohl der bedeutendste zeitkritische Schriftsteller, Lyriker und Satiriker zugleich. Bereits vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gehörte der »scharfzüngige« Mehring zu den den Nazis am meisten verhassten »Linksintellektuellen«. Seine Publikationen legen bis heute ein eindrückliches Zeugnis vom publizistischen Kampf der Schriftstellerinnen und Schriftsteller gegen das Naziregime ab.
Geben wir es zu: Epen sind nicht einfach zu lesen, gelegentlich erscheinen sie uns fremd. All die Figuren, all die verworrenen Handlungen und dann auch noch die nicht immer alltägliche Ausdrucksweise, mit der selbst alltägliche Dinge beschrieben werden! Leicht verliert man den Überblick und die mühsam erarbeiteten Details sind bereits nach wenigen Wochen wieder vergessen. Eine kleine Hilfestellung ist es, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der beschriebene Effekt als Teil der Konstruktion von großen Texten anzusehen ist, ja, auch als gelungener Effekt von ihnen. Man ist dann zumindest nicht allein mit seiner Vergesslichkeit.
Im Mai 1946 fasste George Orwell (1903–1950) nach langer Krankheit und Erschöpfung einen drastischen Entschluss. Um sich auf seinen neuen Roman 1984 konzentrieren zu können, der damals noch den Arbeitstitel »Der letzte Mann in Europa« trug, würde er sich mit seinem kleinen Sohn Richard auf die Inneren Hebriden zurückziehen, genauer gesagt auf die Insel Jura.
Zu Beginn des neuen Jahres erfolgten personelle Veränderungen auf der Führungsebene der wbg. Joseph-M. Seidel, der zuvor als Vertriebsleiter für den Buchhandel tätig war, übernahm im Februar die Verantwortung für das operative Geschäft.
Mit großer Freude möchten wir uns heute bei Ihnen für Ihre hervorragende Beteiligung am Projekt Zukunft bedanken! Dank Ihrer Unterstützung konnten wir innerhalb kürzester Zeit wichtige Schritte in Richtung Digitalisierung machen.
Als Wissenschaftliche Buchgesellschaft sind wir der Förderung von Wissenschaft und Forschung verpflichtet. Dazu zählt auch, dass die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung sichtbar und zugänglich sind. Open Access bietet das größte Potential, um nicht nur in der eigenen Fachcommunity, sondern auch darüber hinaus und selbstverständlich auch international wahrgenommen zu werden.
Lord Findlater war ein kosmopolitisch gesinnter schottischer Aristokrat, der mit Katharina der Großen korrespondierte, mit Goethe soupierte und sich ein Grab mit seinem engsten Vertrauten teilt. Vor dem Hintergrund einer europäischen Umbruchszeit in sozialen und ideengeschichtlichen Aspekten wird sein bedeutender Einfluss auf die Entwicklung des Landschaftsgartens erzählt.
Manche sehen den jüngsten Boom des Stehpults als Modeerscheinung gesundheitsbewusster Zeitgenossen, doch viele Angehörige der Schriftstellerzunft ziehen es seit jeher vor, im Stehen zu arbeiten, allen voran Ernest Hemingway (1899 – 1961). Lange, bevor ihm die Verletzungen aus zwei Flugzeugabstürzen im Jahr 1954 längeres Sitzen zur Qual machten, schrieb er lieber stehend.
Das Buch »Gerechtigkeit für Tiere« der Philosophin Martha Nussbaums hat die Beziehungen zwischen Mensch und Tier wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Beitrag stellt unsere Autorin Prof. Dr. Gabriela Kompatscher-Gufler das interdisziplinäre Forschungsgebiet der Human-Animal Studies vor.
1848 war das Jahr, als die Deutschen die Freiheit entdeckten. Der zunehmende Drang nach Demokratie und Einheit entlud sich in Unruhen und Protesten. Die Forderungen des Volkes hallten laut durch die Gassen. Mutige Frauen und Männer sprachen sich bereits damals für eine demokratische Bundesrepublik, allgemeine freie Wahlen, ein souveränes Parlament und eine demokratische Verfassung aus.
Ein Abend in Rom im Dezember 1834: Zwei Jesuiten klopfen an eine Tür in der Via di Sant'Anna. Sie sind gerufen worden, um eine junge Frau vom Teufel zu befreien. Im Generalarchiv der Gesellschaft Jesu hat die Historikerin Fernanda Alfieri das Tagebuch dieses Exorzismus entdeckt.
Menschen erleben Geschichte oft in anderer Weise, als sich Fachwissenschaft und Schulpädagogik das vorstellen. Dabei nutzen sie „Geschichte“ als Ressource für ihre Beziehung zur Welt. Anhand der Gestalt des „Historicus*“ beleuchtet Friedemann Scriba solches Erleben – in der Spannung zwischen Wissenschaft, moralischen Prinzipien und Bindung an die eigene soziale Lebenswelt. Die Persona „Historicus*“ hat sich für die WBG sogar einem Interview gestellt.
In diesem Beitrag eröffnet unser Autor Dr. Kurt-Heinz Weber eine erfrischend neue Perspektive auf Immanuel Kant. Dabei nimmt er zwei bisher wenig beachtete Aspekte seiner Philosophie in den Blick: In Bezug auf die Moral die Bedeutung der Geselligkeit und der Umgangsformen; in Bezug auf die Natur die Bedeutung des Organischen, der Gestaltwerdung und des Schönen.
Jedes Jahr erscheinen in dem historischen Programm, dass ich verantworte, gut dreißig Bücher. Fünfzehn oder sechzehn pro Halbjahr. Sachbücher und Fachbücher, Quelleneditionen, Ausstellungskatalog …
Meist sind es die unerwarteten, die für unser Buchprogramm ungewöhnlichen Bücher, die mich persönlich besonders beschäftigen. Die, die man nicht in Auftrag geben kann, wie ein Handbuch zum Ersten Weltkrieg etwa oder zu den mittelalterlichen deutschen Königen. Die Bücher, die man als Lektor gar nicht gesucht hat, die aber plötzlich anklopfen und da sind, die Sperrigen, von denen man aber sofort weiß, dass sie etwas Besonderes sind. Das sind dann meine ‚Bücher des Herzens‘.
Warum erhält ein verschmähter Liebhaber eigentlich einen Korb? Weshalb wirft man einem prinzipienlosen Menschen vor, seinen Mantel nach dem Wind zu hängen? Bei vielen heute noch gebräuchlichen Redensarten ist nur Wenigen die ursprüngliche Herkunft bekannt. 1559 hielt Pieter Bruegel der Ältere 100 geflügelte Wörter seiner Zeit in einem Gemälde fest. Wer aufmerksam sucht, findet zahlreiche typisch niederländische Wendungen - aber auch viele, die ähnlich oder identisch im Deutschen oder Französischen verwendet werden. Hier sind einige Beispiele.
Papst Pius XII. spaltet bis heute die Nachwelt: Die einen nennen ihn »Hitlers Papst« und verweisen auf seine Beziehungen zu Adolf Hitler und Benito Mussolini sowie sein Schweigen zum Holocaust. Andere wollen ihn als Gegner von Faschismus und Nazismus seeligsprechen lassen. Der Pulitzer-Preisträger David I. Kertzer hat seit März 2020 in vom Vatikan geöffneten Archiven tausende Dokumente ausgewertet. In seinem Buch »Der Papst, der schwieg« erzählt er die Geschichte des kontroversen Kirchenoberhaupts.
Der gesellschaftliche Zusammenhalt und Krisen der Demokratie sind in der Pandemie allgegenwärtige Themen geworden. Marina Weisband und Frido Mann suchen vor diesem Hintergrund das generationsübergreifende Gespräch: über demokratisches Engagement, Psychologie, den Ukrainekrieg und vieles mehr. Lesen Sie hier einen ersten Auszug aus dem neu erscheinenden Buch »Was uns durch die Krise trägt«.
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