Die aktuelle Neuerscheinung »Die Märchen der Welt« zeigt 60 Märchen-Klassiker, illustriert von Meistern der Buchkunst. In dieser Serie stellen wir einige der Illustratoren und ihre Werke vor – und werfen ein Licht auf die Autorinnen und Autoren, deren Geschichten sie zum Leben erweckten. Zum Abschluss dieser Reihe präsentieren wir heute drei Werke von Warwick Goble, Kay Nielsen und Edmund Dulac etwas detaillierter.
Märchen von nah und fern: »Die Mondprinzessin«, Warwick Goble
»Green Willow and Other Japanese Fairy Tales« ist das allererste Werk von Grace Edith Marion James (1882–1965). Tochter eines britischen Marineoffiziers, geboren in Japan und dort bis zum Alter von zwölf Jahren aufgewachsen, ließ James sich in manchen Werken davon inspirieren. Green Willow spiegelt das lebhafte Interesse der anglophonen Welt für japanische Erzählungen, Legenden und Traditionen wieder, das in der Zahl der nach den 1880er Jahren publizierten Titel greifbar wird. Laut dem kurzen Vorwort verdankt sich diese Sammlung von 38 Erzählungen recht unterschiedlichen Inspirationsquellen: dem Kojiki (Aufzeichnung alter Geschehnisse), das die mythische Kosmogonie und Theogonie Japans wiedergibt; Geschichten, die James von einer Klassenkameradin oder einer Gouvernante erzählt wurden, und solche aus japanischen Theateraufführungen.
»Die Mondprinzessin« erzählt die Geschichte eines miniaturhaften Persönchens, das in einem Bambusspross entdeckt wird, zur Schönheit heranwächst, vom Kaiser selbst umworben wird und in seine Heimat, das Land des Mondes, zurückkehrt. Es handelt es sich um die Folklore-Geschichte von Kaguya-hime, wörtlich »Prinzessin Kaguya«, den ältesten Erzähltext Japans (10. Jh.), besser bekannt unter dem Titel »Die Geschichte vom Bambussammler«.
Märchen von nah und fern: »Die Jungfrau Maria als Gevatterin«, Kay Nielsen
Kay Nielsen zeichnete als Kind die Gestalten aus den Sagas, während seine Mutter die alten dänischen Lieder rezitierte.
Die norwegischen Folkloristen Peter Christen Asbjørnsen (1812–1885) und Jorgen Moe (1813–1882) sammelten und publizierten im Geiste der Gebrüder Grimm ihre »Nordischen Volksmärchen« (Norske Folkeeventyr). Die Jungfrau Maria als Gevatterin beruht auf dem Motiv der bestraften Neugier. Wie in Blaubart darf man die verbotene Tür nicht öffnen. Aber wenn man nachgibt, sind es keine Leichen, die man sieht. Himmelskörper entschlüpfen dem verbotenen Raum: ein Stern, der Mond, die Sonne Man findet sich bei der Heiligen Jungfrau persönlich, die auch eine einfache Frau ist, hilfreich und gütig. Das Alltagsleben geht in den nordischen Wundersagen in einen kosmischen Raum über.
Märchen von nah und fern: »Iwan und das rotbraune Pferd«, Edmund Dulac
»Iwan und das rotbraune Pferd« ist eine Liebesgeschichte. Sie ist nicht spezifisch »russisch«, vielmehr geht sie auf wundersame Tiere aus der slawischen Folklore zurück. Für das magische rotbraune Pferd greift Edmund Dulac eine in der berühmten Sammlung von Alexander Afanassiev, den »Russischen Volksmärchen«, auf: Iwan entspricht der traditionellen Figur des einfach gestrickten Jüngeren, der mithilfe eines von seinem Toten Vater geschickten Zauberpferdes die Prinzessin rettet. Nachdem es Iwan bis an die Lippen der Schönen getragen hat, entschwindet das rotbraune Pferd in einem Regenbogen.
Über das Buch »Die Märchen der Welt«
Die Märchen der Welt - ein Buchjuwel in opulenter Ausstattung. Die Brüder Grimm, Hans Christian Andersen und Charles Perrault wurden mit ihren Märchenbüchern weit über ihre Heimatländer hinaus bekannt. Doch erst das Zusammenspiel mit den Illustrationen der bedeutendsten Buchkünstler der Jahrhundertwende lassen uns ihren ganzen Zauber erleben. Die stimmungsvollen Bilder von Edmund Dulac, Kay Nielsen, Arthur Rackham, Harry Clarke und Warwick Goble nehmen uns mit in eine Welt voller Wunder.
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