Roms fließende Grenzen: ein Interview mit Erich Claßen

wbg: Herr Dr. Claßen, der Niedergermanische Limes wurde jüngst zum UNESCO-Welterbe gekürt. Was bedeutet dieser Status für Sie?

Erich Claßen: Wir sind zunächst einmal stolz, dass die Bodendenkmäler, die Roms erste Flussgrenze darstellen als ein international bedeutendes Zeugnis der Menschheitsgeschichte in unserer Region anerkannt wurden, damit wurde unser jahrelanges Engagement und natürlich auch das der beteiligten Kolleg:innen in Deutschland und den Niederlanden belohnt.

Wir sind uns des „außergewöhnlichen universellen Wertes“ des Niedergermanischen Limes und der Verantwortung dafür bewusst, denn rund 200 km und damit gut die Hälfte seiner Gesamtstrecke liegen im Zuständigkeitsgebiet des Landschaftsverbandes Rheinland. Es ist unser gesetzlicher Auftrag das kulturelle Erbe des Rheinlands zu schützen, zu pflegen, dauerhaft zu sichern, zu erforschen und den Bürgerinnen und Bürgern bekannt zu machen. Für den Niedergermanischen Limes bedeutet das perspektivisch erst einmal einiges an Arbeit: Denn wir werden, in enger Zusammenarbeit mit Land und Kommunen, konkrete Maßnahmen entwickeln müssen, um das Monitoring und die Vermittlung dieses neuen UNESCO-Welterbes zu gewährleisten bzw. voranzubringen.

wbg: »Roms fließende Grenzen« ist als Archäologische Landesausstellung Nordrhein-Westfalen an 5 Standorten ein Mammut-Projekt. Wie plant man ein solches in Zeiten der Pandemie?

Erich Claßen: In der Tat ist es mit 5 unterschiedliche Ausstellungen an 5 Standorten ein großes Projekt. Ein solches Vorhaben erfordert auch ohne eine Pandemie viel Organisationsaufwand und eine gut funktionierende Kommunikation. Diese war nun leider schwieriger, aber mittels Videokonferenzen möglich. Zum Glück war in unserer Konzeption, die wir mit den Kolleg:innen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, der Stadt Köln und des Landesverbandes Lippe erarbeitet hatten, von Beginn an vorgesehen, dass sich die einzelnen Ausstellungen zwar inhaltlich ergänzen, aber jeweils ihren eigenen roten Faden haben sollten. Hilfreich war natürlich, dass wir durch die Unterstützung des zuständigen Ministeriums Strukturen schaffen konnten, die auch personell und finanziell so ausgefüllt waren, dass eine Koordination der alle verbindenden Themen möglich war.

wbg: Das Schwerpunktthema dieses Heftes lautet »Perspektivwechsel. Überraschend Blicke auf die Geschichte«. Inwiefern bietet die Ausstellung einen besonderen Blick auf Geschichte?

Erich Claßen: Am Niedergermanischen Limes, der ja der Aufhänger der Ausstellungen ist, und seinem Umfeld lassen sich zahlreiche Phänomene, auch mit Bezug zur Gegenwart beleuchten.

Schon durch den Titel »Roms fließende Grenzen« versuchen wir aufzuzeigen, dass es keine geschlossene Grenze war, sondern eine Kontaktzone zwischen der Bevölkerung in der römischen Provinz und der rechts des Rheins. Die Menschen im germanischen Siedlungsgebiet waren durch den Limes nicht ausgeschlossen, vielmehr bot er Gelegenheit zum kulturellen und materiellen Austausch. Die Soldaten des römischen Militärs entstammten allen Teilen des Römischen Reichs, die Zivilsiedlungen, die bei den Lagern entstanden, und auch die Städte wurden so zu regelrechten Schmelztiegeln von Kulturen unterschiedlichster Herkunft. Das passt auch gut zur Geschichte unseres von Migration geprägten Bundeslandes.

Die Archäologische Landesausstellung Nordrhein-Westfalen präsentiert also nicht nur eine durchlässige räumliche Grenzlinie und deren militärische Einrichtungen, sondern vielfältige andere Lebensbereiche. Mit Mobilität und Migration, kultureller Vielfalt und Verschmelzung, aber auch mit der Veränderung der Landschaft nimmt sie Themen in den Blick, die damals schon so aktuell waren wie heute.

 

Zum Buch »Roms fließende Grenzen«

Zur Themenseite »Perspektivwechsel«
Mehr Bücher zur Antike in Rom

 

 

Zu den Beteiligten

Erich Claßen ist als Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland Landesarchäologe für den rheinischen Teil Nordrhein-Westfalens. Er verantwortet mit seinen Kollegen Michael M. Rind (LWL-Archäologie für Westfalen) und Marcus Trier (Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln) sowie den Leitungen der beteiligten Museen – unter der Federführung des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW – die Archäologische Landesausstellung Nordrhein-Westfalen.

 

Tags: wbg, Beitrag
Bitte geben Sie die Zeichenfolge in das nachfolgende Textfeld ein.

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

Informationen zum Umgang mit personenbezogenen Daten finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

Passende Artikel
wbg Original i
Roms fließende Grenzen Claßen, Erich / Rind, Michael...  Roms fließende Grenzen
wbg Original i
Der Dom zu Speyer   Der Dom zu Speyer

inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Sofort lieferbar

Meller / Michel: Griff nach den Sternen Meller, Harald / Michel, Kai  Meller / Michel: Griff nach den Sternen

inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Sofort lieferbar

wbg Original i
wbg Original i
Arbeit & Migration TECHNOSEUM Mannheim (Hrsg.)  Arbeit & Migration

inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Sofort lieferbar

wbg Original i
Die Perser Badisches Landesmuseum...  Die Perser

inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Sofort lieferbar

Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch.
Nennt mich Rembrandt Dickey, Stephanie / Sander,...  Nennt mich Rembrandt

inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Sofort lieferbar

Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch.
wbg Original i
Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht   Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht

inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Sofort lieferbar

Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star Copy 3 Created with Sketch. Star half Created with Sketch.