Eine Einladung von Prof. Dr. Alexander Schubert, Leitender Direktor des Historischen Museums der Pfalz in Speyer
Misst man die Herrscher des Mittelalters an der Aufmerksamkeit, die ihnen bisher in großen Epochenausstellungen zuteil geworden ist, könnte man die Habsburger für wenig bedeutsam halten. In den letzten 50 Jahren wurden in Deutschland fast allen mittelalterlichen Dynastien museale Präsentationen gewidmet. Eine große Gesamtschau zu den mittelalterlichen Habsburgern, die mit diesen Präsentationen vergleichbar wäre, blieb bisher hingegen aus.
Nun stellt das Historische Museum der Pfalz mit der Landesausstellung Rheinland-Pfalz 2022/23 erstmals den Aufstieg der Dynastie im Mittelalter umfassend dar und schließt damit die Lücke in der deutschen Ausstellungshistorie.
Als einziger außerösterreichischer Grablegeort mittelalterlicher Habsburger Regenten ist Speyer sicherlich der geeignete Ort für solch ein ambitioniertes Vorhaben. Rudolf, der erste König aus dieser Familie, begab sich im Juli 1291, seinen nahenden Tod ahnend, in die alte Kaiserstadt am Rhein, um an dem Ort begraben zu werden, »wo mehr meiner Vorfahren sind, die auch Könige waren« – dem Kaiser- und Mariendom zu Speyer. Indem Rudolf seine letzte Ruhestätte in der Reichsgrablege Speyer arrangierte, konnte er das für Kaiser Friedrich Barbarossa bestimmte und durch dessen Kreuzzugstod leer gebliebene, prestigeträchtige Staufergrab für seine Familie beziehen und damit posthum sein Königtum erhöhen.
Eine Besucherin in der Landesausstellung »Die Habsburger im Mittelalter. Aufstieg einer Dynastie«. (© Historisches Museum der Pfalz/Julia Paul).
Und auch der letzte mittelalterliche Herrscher, Kaiser Maximilian I. verband die Idee des Heiligen Römischen Reichs und seiner Kaiser noch einmal mit dem Speyerer Dom. Er beauftragte 1514 den Bildhauer Hans Valkenauer ein monumentales Herrscherdenkmal für die Kathedrale zu errichten, das an die im Speyerer Dom bestatteten Könige, Kaiser und Kaiserinnen erinnern sollte.
»Die Ausstellung zeigt, wie Herrschaft in einer Zeit, die so gänzlich anders war als unsere, frei von nationalstaatlichen Sichtweisen über Jahrhunderte gefestigt und ausgebaut werden konnte.«
Mit einzigartigen Kunst- und Kulturschätzen von über 80 Leihgebern aus der Schweiz, Österreich, Frankreich und Deutschland zeichnet die Landesausstellung den Aufstieg der Familie nach, die immer weit mehr war als das sogenannte »Haus Österreich« – nämlich nicht weniger als das bedeutendste Herrschergeschlecht Europas. Das 750. Jubiläum der Thronbesteigung König Rudolfs I. bietet den Anlass, die Erfolgsgeschichte der Habsburger mit ihren Umwegen, Brüchen und Verlusten im Wettstreit der Kronen vorzustellen. Die Ausstellung zeigt, wie Herrschaft in einer Zeit, die so gänzlich anders war als unsere, frei von nationalstaatlichen Sichtweisen über Jahrhunderte gefestigt und ausgebaut werden konnte. Diese Betrachtung lohnt sich: Nicht als Lehrstück oder Vorbild, doch aber als ein spannendes, zum Nachdenken anregendes Studienfeld.
Der spätmittelalterliche Codex Ellenhard ist benannt nach seinem Urheber. Er ist für die Geschichte der ersten beiden Habsburger-Könige Rudolf I. und Albrecht I. von großem historischen Wert (© Museum im Benediktinerstift St. Paul, Gerfried Sitar).
Die Ausstellung ist vom 16.10.2022 bis 16.04.2023 im Historischen Museum der Pfalz Speyer zu sehen. Mit der wbg-KulturCard erhalten Sie ermäßigten Eintritt. Titelbild: Prof. Dr. Alexander Schubert, © privat
Über das Buch »Die Habsburger im Mittelalter«
Die Habsburger prägten über Jahrhunderte die Geschicke Europas. Die Wurzeln der Familie, die als »Haus Österreich« bekannt wurde, liegen jedoch u. a. im Südwesten Deutschlands. Rudolf I., der 1273 als erster Habsburger zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde, legte den Grundstein für den Aufstieg vom Grafen- zum Kaiserhaus. Als er am 15. Juli 1291 in Speyer starb, wurde er beigesetzt, »wo mehr meiner Vorfahren sind, die auch Könige waren«, im Kaiserdom zu Speyer. Dieser Ausstellungskatalog erzählt die Geschichte der Habsburger durch das europäische Mittelalter: von den Kämpfen um die Königsherrschaft im 13. und 14. Jh., dem Erstarken des Hauses Österreich in einer Zeit, als Luxemburger und Wittelsbacher die Könige stellten, bis zur Rückkehr auf den Thron und dem Erlangen der Kaiserkrone durch Friedrich III. und seinen Sohn Maximilian I. im 15. Jh. - 300 Jahre Reichsgeschichte und zugleich eine Erfolgsgeschichte mit schicksalhaften Umwegen und Brüchen.
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