Das Konzentrationslager Buchenwald steht für „Grauen und Unmenschlichkeit“ (M. Drotschmann). Während seines Betriebs waren in dem KZ um die 266.000 Menschen interniert, von denen mindestens 56.000 durch die Nationalsozialisten ermordet wurden. Das alles geschah nur wenige Kilometer entfernt von der Klassikstadt Weimar.
Trotz aller Behauptungen, man habe nichts von den Grausamkeiten im Lager gewusst, existierte eine öffentliche Diskussion über die Benennung des Lagers während seiner Dauer. Zusätzlich bat die SS beim Bürgermeister von Weimar um die Erlaubnis, das städtische Krematorium mitzubenutzen. Dies macht es schwer vorstellbar, dass die Bewohner Weimars nicht zumindest ahnten, was auf dem Ettersberg vor sich ging.
Bereits kurz nach Inbetriebsetzung des KZ war das Lager überfüllt, sodass die Gefangenen schon 1938 an seinem Ausbau arbeiteten. Aufgrund der anstrengenden Arbeit, der Unterversorgung von Nahrungsmittel und Wasser starben bei dieser Tätigkeit sehr viele Häftlinge. Daneben raffte Typhus einen Teil der Inhaftierten hin.
Das bald größte Konzentrationslager auf deutschem Boden beherbergte neben Juden und Homosexuellen primär politische Gegner und einige der führenden Wissenschaftler Deutschlands. Sie waren umringt von drei Meter hohem Stacheldrahtzaun umfasst, der unter Strom stand. Innerhalb der Gefangenen sorgte eine Befehlsstruktur dafür, dass niemand auf die Idee kam, sich gegen die SS zu stellen. Durch farbliche Wimpel waren die Häftlinge nach ihrem Inhaftierungsgrund sortiert und auch innerhalb dieser Aufteilung sorgte die Befehlsstruktur für Ordnung. In Buchenwald überlebten nur die, die den Nationalsozialisten von Nutzen waren. Man nannte sie die sog. Funktionshäftlinge. Diejenigen, die den Nationalsozialisten nichts nutzten, wurden nach Ausschwitz gebracht. Das spiegelte sich am Alter der Inhaftierten wider: Im Dezember 1944 war jeder 3. Gefangene jünger als 21 Jahre.
Das KZ war für die SS eine wahre Geldquelle, da die Inhaftierten billige Arbeitskräfte für die Fabriken und Bauprojekte im Umkreis darstellten. Die Häftlinge mussten unter entmenschlichenden Bedingungen in den Rüstungswerken, am Ausbau des Flughafens und der Bahnschienen arbeiten. Darüber hinaus wurden sie für medizinische Versuche missbraucht. Medizinische Einrichtungen bezahlten viel Geld für die Testung von Impfstoffen an Gefangenen. Die Opfer der SS mussten auch an anderen grauenvollen Experimenten teilnehmen. Besonders berüchtigt waren die Experimente mit Fleckfieber. Neben der Arbeitskraft der Gefangenen verdienten die Nationalsozialisten Geld durch den Verkauf des Eigentums der Inhaftierten, sowie ihren Haaren und Goldzähnen.
Unzählige waren beteiligt an den Verbrechen der Nationalsozialisten. Aber kaum ein Name ist so untrennbar mit der Grausamkeit, der Folter und dem Sadismus der Nationalsozialisten verbunden wie Ilse Koch, die Hexe von Buchenwald. Ilse Koch war die Frau des Lagerkommandanten Karl Otto Koch. Regelmäßig soll sie die Häftlinge gedemütigt, geschlagen und gefoltert haben, beispielsweise wenn sie diese für ihre Hausarbeit einspannte. Viele Gefangene seien auf ihren Befehl oder wegen ihrer Anzeige hart bestraft und gefoltert worden. Koch handelte grausam und willkürlich. Später kamen nicht haltbare Gerüchte auf, sie habe Lampen aus tätowierter Menschenhaut besessen. Ohne Frage existierten präparierte Überreste von Gefangenen, die ich an dieser Stelle allerdings nicht weiter beschreiben werde.
Als die Amerikaner 1945 immer näherkamen, wurden die Gefangenen zu sog. Todesmärschen zur Evakuierung des Lagers gezwungen. Von den 21.000 Menschen, die zu dieser Zeit in Buchenwald interniert waren, konnten einige mutige Häftlinge durch einen Hilferuf an die Amerikaner, Boykotts und Sabotagen an der SS die völlige Evakuierung des Lagers verhindern und das KZ am 11. April 1945 unter ihre Kontrolle bringen.
Dwight D. Eisenhower beschreibt die erste Begehung des KZs wie folgt: „Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick.“
Auch heute noch kennt jeder die Videos, die die Amerikaner nach der Befreiung des Lagers gefilmt hatten.
Aufgerührt von dem Unrecht an den Häftlingen zwangen die Amerikaner die Bewohner Weimars, das Lager zu besichtigen und sich die ausgemergelten Leichen, aufgetürmt auf Berge sowie die präparierten Souvenirs anzusehen. Diejenigen, die überlebt hatten, waren für immer gezeichnet. So schreibt Elie Wiesel:
„Aus dem Spiegel blickte mich ein Leichnam an. Sein Blick verlässt mich nicht mehr.“ (Elie Wiesel Nacht, 152.)
Am 11. April 1947, genau zwei Jahre nach der Befreiung des Lagers, begannen die sog. Buchenwald-Hauptprozesse. Viele NS-Verbrecher wurden verhaftet und inhaftiert, die meisten von ihnen bestritten die Vorwürfe, unter ihnen auch Ilse Koch.
Von den Sowjets wurde das Lager später weitergenutzt. Während der Inbetriebnahme des Lagers starben mindestens 7000 weitere Menschen, viele von ihnen Nationalsozialisten, Verdächtige und politische Gegner der Sowjets.
Inzwischen informieren die Mitarbeitenden im KZ Buchenwald seit 1958 über die Verbrechen, die dort begangen wurden, das Leben der Gefangenen und der Zeit des Nationalsozialismus. Kein anderes KZ in Deutschland verfügt über eine solche Symbolkraft als Zeichen gegen das NS-Regime.
Zum diesjährigen Jahrestag reisten 16 Überlebende Buchenwalds zurück nach Weimar. Die Überlebenden Anastasia Gulej kam erst wieder wegen ihrer Flucht aus der Ukraine nach Deutschland. Boris Romantschenko, der ebenfalls ein Buchenwaldüberlebender war, starb im März bei einem russischen Angriff auf seine Heimat Charkiw.
Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland bedauert, dass "ausgerechnet auch Überlebende der Shoa am Ende ihres schweren Lebens jetzt erneut so leiden müssen". Und für ihn steht fest: "Unser Gedenken ist mit dem Versprechen verbunden, zu heutigem Unrecht nicht zu schweigen."