Es war die offizielle Proklamation des Deutschen Kaiserreiches, welches bis 1914 bestand haben sollte. Dadurch wurden 22 Staaten und drei einzelne Städte in dem neugegründeten Reich zusammengefasst.
Die Zeremonie fand im französischen Versailles statt; dort befand sich bereits seit Oktober des Vorjahres das Hauptquartier der preußischen Armee und ihrer Verbündeten im Deutsch-Französischen Krieg.
»Man wollte die Gunst der Stunde nutzen, inmitten des Krieges, inmitten des Erfolges hier möglichst schnell das Deutsche Reich auszurufen,« bewertet der Historiker Andreas Rose die Zeremonie. Die Krönung war also eher eine pragmatische Lösung.
Diese war laut dem Historiker E. R: Huber nur ein »Akt der förmlichen Amtseinweisung und Amtsergreifung«, denn bereits zum Jahresbeginn fanden die Umbenennung in »deutsches Reich« und die Initiierung der neuen Verfassung statt. Der 18. Januar habe für die Preußen jedoch deutlich mehr Symbolgehalt, da an diesem Tag 1701 Preußen von Friedrich III. von Brandenburg gegründet wurde.
Vor der eigentlichen Zeremonie fand eine Parade statt. Danach versammelten sich Prinzen, Fürsten, aristokratische Militärs, sowie österreichische und französische Abgeordnete im Spiegelsaal Versailles. Die Zeremonie war trotz des imposanten Saals, in dem sie stattfand, nicht sehr festlich: Im Spiegelsaal soll es so kalt gewesen sein, dass die Spiegel alle beschlugen.
Die Stimmung war, so Rose, eher ungemütlich: Die anwesenden Franzosen empfanden die Krönung in Versailles als Demütigung. König Ludwig II. von Bayern, ein Sympathisant Österreichs, stimmte schließlich nur durch die finanzielle Unterstützung seiner Märchenschlösser Wilhelms Krönung zu, allerdings ließ er dies durch seinen Bruder Otto ausrichten - Ludwig blieb der Veranstaltung fern.
Auch Wilhelm selbst war keinesfalls in festlicher Stimmung: Am Vortag hatte er durch diesen Festakt das Ende der preußischen Macht vorhergesagt und während der Zeremonie selbst verzichtete er darauf, seine Autorität in den Vordergrund zu stellen. Sich so über seine Fürsten zu stellen, vermochte Wilhelm nicht, wie Bismarck später kritisierte, vielmehr stellte er sich als Kriegsherr als als Kaiser dar. Festliche Gemälde und Schilderungen von Prunk, feinen Gewändern und großartigen Reden sind nachträgliche Konstrukte.
»Ich hatte als Geburtshelfer mehrmals das dringende Bedürfnis, eine Bombe zu sein und zu platzen, dass der ganze Bau in Trümmer gegangen wäre,« schreibt der Ministerpräsident Otto von Bismarck seiner Ehefrau über die Zeremonie.
Der Kopf hinter dem Zusammenschluss Deutschlands war nicht Wilhelm, sondern Bismarck, der durch jahrelange Bemühungen und mehrere Kriege die Etablierung des deutschen Reiches unter preußischer Führung forcierte. Zu diesem Zweck besiegten die Preußen unter Bismarck zunächst Österreich 1866 und brachten schließlich auch die süddeutschen Städte und Regionen mit Hilfe von Schutz- und Trutzverträgen unter preußische Kontrolle.
Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt über die Reichsgründung von 1871 folgendes: »Deshalb, und weil das Kaiserreich laut Verfassungsurkunde als Bund der deutschen Fürsten gegründet wurde, wird die Reichsgründung häufig als eine von Bismarck geführte "Revolution von oben" beschrieben.« Würden Sie dem zustimmen?