»Ich sehe wundervolle Dinge - Gold, wohin das Auge blickt.«
Howard Carter bei der Öffnung des Grabes Tutanchamuns am 16.02.1923
Am 16. Februar 1923 fand die offizielle Grabesöffnung von KV62 statt, welches am 04. November des Vorjahres von dem britischen Archäologen Howard Carter im Auftrag und durch die finanzielle Unterstützung von Lord Carnarvon gefunden wurde.
Der Besitzer des Grabes Tutanchamun war ein ägyptischer Pharao der 18. Dynastie, der von 1332 bis 1322 v. Chr. lebte. Sein Vater Amenophis IV., der sich selbst in Echnaton umbenannte, hatte ein monotheistisches Glaubenssystem einführen wollen und deshalb den Kult des Aton stark gefördert. Wie Tutanchamun sich selbst neu erfand, den Aton-Kult wieder abschaffte und welche Unstimmigkeiten die Untersuchung seines Todes hervorriefen, hatte ich an anderer Stelle bereits dargelegt. Dort habe ich sowohl Carters Lebenslauf, als auch den langen und beschwerlichen Weg bis zur Entdeckung des Grabes ausführlich erläutert.
Howard Carter war ein aus England stammender Künstler, der sich sehr für die Ägyptologie interessierte. Der 1874 in London geborene Entdecker revolutionierte das Gebiet der Epigrafik, der Inschriftenkunde, eminent, in dem er eine Technik entwickelte, bei der Inschriften mittels Rasterzeichnungen, Freihandzeichnungen und Durchpausen in Kopie dargestellt werden konnten. Dadurch waren Epigrafiker:innen nicht mehr gezwungen, zu der Inschrift zu reisen, um sie zu untersuchen.
Nach zehnjähriger Suche fand Carter das Grab Tutanchamuns in der Nähe der Begräbnisstätte Ramses VI. am 04. November 1922. Es war der sensationellste Fund der 1920er Jahre: Zwar war das Grab im Vergleich zu anderen pharaonischen Grabstätten mit einer Gesamtfläche von 109,83m² nicht außerordentlich groß, aber reich ausgeschmückt. Die Fülle an Funden zeigt sich darin, dass Carter gut zehn Jahre benötigte, um sie zu kategorisieren. Neben der berühmten Totenmaske des Tutanchamun, die aus türkisfarbenem Glas, Lapislazuli und geriebenem Gold bestand, war das Grab mit dem goldenen Streitwagen des Pharaos ausgestattet. Außerdem wurde dafür gesorgt, dass der Pharao im Totenreich gut gekleidet war: 400 Tuniken, Schals, Lendentücher, Handschuhe und 100 Sandalen waren beigelegt. Einen besonderen Blickfang bildeten dabei goldene Sandalen, auf denen die Bildnisse der Feinde Tutanchamuns dargestellt waren. Diese symbolisierten, wie der Pharao seine Feinde in den Staub trat.
In der Antike wurde dieses reich ausgeschmückte Grab zwar von dem nachfolgenden König Eje in Auftrag gegeben, behütet hatte es aber der Schatzhausvorsteher und ergebener Diener des Tutanchamuns Maya.
Das Grab war über 3000 Jahre unangetastet, bis Carter es schließlich am 16. Februar 1923 öffnete.
Verwundert stellte der Ägyptologe fest, dass einige Dinge beschädigt waren oder sich an der falschen Stelle befanden. Die Untersuchung der Inventarliste brachte ans Licht, dass gut 60 Prozent des Grabinhaltes fehlten. Später konnte Carter folgendes rekonstruieren: Das Grab wurde kurz nach der Bestattung Tutanchamuns zwei Mal beraubt. Hinweise darauf geben einerseits Siegel an der Tür der Grabkammer, andererseits aber auch antike Quellen. Diese beschreiben, dass die Diebe an der Bestattung teilgenommen haben. Schließlich wurden die Diebe aber erwischt und und wurden mit Pfählung bestraft, wie es für dieses Vergehen üblich gewesen ist.