Brückenköpfe - Mit Kultur Politik machen. Ruprecht Vondran zum Jubiläum der deutsch-japanischen Partnerschaft

Aus meiner Sicht muss die traditionsreiche Partnerschaft mit Japan derzeit erheblichen Belastungen standhalten. Das spreche ich deutlicher aus als andere. Viele unserer Unternehmen sehen in China gegenwärtig ihren mit Abstand größten Kunden. Beispielsweise finden unsere Automobilkonzerne im „Reich der Mitte“ den Markt für ein Drittel ihrer Gesamtproduktion. Je mehr die USA den Zugang versperren, umso wichtiger ist Deutschland als Technologie-Lieferant geworden. Eine geradezu stürmische Entwicklung! Die Abhängigkeit, die sich daraus für uns ergibt, ist für Tokyo Gegenstand der Sorge.  Denn Japan sieht in China nicht nur einen großen wirtschaftlichen Konkurrenten, sondern vor allem im ost-und südchinesischen Meer auch einen gefährlichen geopolitischen Herausforderer. 

Deutschland betont nachdrücklich seine Wertegemeinschaft mit Japan, verfolgt aber Wirtschaftsinteressen, die in andere Richtung zielen. Es verwickelt sich in Widersprüche. Das findet mahnende Kritik, zum Beispiel aus London: „Sicherheitspolitik und Wirtschaftspolitik (sind), anders als bisher, nicht als unverbundene, gleichsam autonome Entitäten zu betrachten, sondern als ineinandergreifende Kernelemente deutscher Strategie“ (FAZ 23.7.21). Die sich offenbar entwickelnden Gegensätze bedürfen der Auflösung. Kulturelle Werte sind anders als Wirtschaftszahlen nicht leicht zu addieren. Aber sie müssen im Bewusstsein stehen, wenn über Prioritäten zu entscheiden ist. Dieses Bewusstsein zu schaffen, ist mein Anliegen. Deshalb habe ich das Buch „Brückenköpfe“ geschrieben.  Ich habe lange in Japan gelebt und dort deutsche Wirtschaftsinteressen wahrgenommen. Dies gab mir die Chance, einen Überblick zu gewinnen: Welchen Beitrag konnten wir Deutsche leisten, ein vertieftes gegenseitiges Verständnis unserer Völker zu begründen? Das Buch deckt einen Zeitraum von mehr als zweihundert Jahren ab und macht Lebenswelten von ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten sichtbar – von Politikern und Industriellen, Wissenschaftlern und Künstlern – bis in die Gegenwart. 

Es lässt auch erkennen, was wir zu tun ist, um einer bewährten Partnerschaft neue Kraft zu geben. An Möglichkeiten fehlt es nicht. Mit entsprechender politischer Vorgabe könnten wir „Leuchtturmprojekte“ ansteuern, auf die wir von beiden Seiten unsere Kräfte konzentrieren. Große Themen, um Schwerpunkte zu setzen, gibt es genug – die Überwindung von Pandemie(n), die Bewahrung unserer gefährdeten Umwelt, Risiken und Chancen durch Künstliche Intelligenz…Wissenschaftliche Kooperation über Grenzen hat bei uns große Tradition.

In den „Brückenköpfen“ finden sich auch zwei Projekte, die ich in schon in meiner Zeit als Präsident des „Verbandes Deutsch-Japanischer Gesellschaften“ angesprochen habe. Sie erfordern vergleichsweise geringe Mittel, sind aber von großer symbolischer Kraft:

-    Japan hat schon vor Jahren eine „UN- Konvention zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes“ auf den Weg gebracht und vorbildlich umgesetzt. Es wäre von großem Gewinn, wenn Japan uns Deutschen helfen könnte, daran Orientierung zu finden.

-    Auch wäre es an der Zeit, ein „Deutsch-Japanisches Jugendwerk“ zu schaffen, um den Austausch zu erleichtern und damit die gute Botschaft unserer Partnerschaft auch in die nächste Generation zu tragen. 

Die Theodor Heuss hat einmal gesagt, mit Politik könne man keine Kultur machen, aber vielleicht könne man mit Kultur Politik machen. Ein gutes Wort. Die „Brückenköpfe“ regen an, das Tat werden zu lassen. 

Ruprecht Vondran

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