Im Januar jährt sich die Deutsche Reichsgründung 1871 zum 150. Mal. Daniel Zimmermann, Programmmanager im wbg-Lektorat Geschichte, interviewt zu diesem Thema den Autoren Oliver Haardt, Lumley Research Fellow in Geschichte am Magdalene College der Universität Cambridge.
D. Zimmermann: Lieber Herr Haardt, das Deutsche Kaiserreich stellen wir uns als wirtschaftlich prosperierenden, militärisch machtvollen Monolith im Herzen Europas vor, beherrscht von dem vielleicht mächtigsten Mann Kontinentaleuropas, dem Deutschen Kaiser. Wie viele Verfassungen und Verfasstheiten, Herrschaftsformen und souveräne Staaten fanden sich da tatsächlich unter der Kaiserkrone zusammen?
Oliver Haardt: Das Reich, das 1871 gegründet wurde, bestand insgesamt aus 25 souveränen Staaten – 22 Monarchien und 3 republikanisch geprägten Hansestädten: Hamburg, Bremen, Lübeck. Unter den Monarchien waren neben der alles überragenden Hegemonialmacht Preußen noch drei weitere Königreiche, nämlich Bayern, Württemberg, Sachsen, sechs Großherzogtümer, fünf Herzogtümer und sieben Fürstentümer. Jeder dieser Bundesstaaten hatte ein eigenes gekröntes Haupt, eine eigene Regierung, eine eigene Staatsverwaltung, und – mit der Ausnahme der beiden Mecklenburger Großherzogtümer – eine eigene Verfassung. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten waren enorm. Das kleine Fürstentum Schaumburg-Lippe umfasste zum Beispiel nur 340 Quadratkilometer und 32 000 Menschen. Preußen erstreckte sich 1871 dagegen auf knapp 349 000 Quadratkilometer, und allein seine Hauptstadt Berlin zählte 900 000 Bewohner. Neben den Einzelstaaten des Bundes gab es außerdem noch das Reichsland Elsaß-Lothringen, das im föderalen Verbund eine Sonderstellung einnahm, weil es als einziger Teil des Reichsgebietes nicht den Status eines Staates besaß und unter der direkten Kontrolle der Reichsregierung stand. Das gängige Bild von der homogenen Supermacht könnte also nicht falscher sein. In Wirklichkeit war das Reich eher ein bunter Flickenteppich, dessen einzelne Teile mehr schlecht als recht zusammengenäht waren. Auch das Bild vom alles überstrahlenden Kaiser ist schief. Der Kaiser war unter der Reichsverfassung nämlich überhaupt kein Monarch (das war der jeweilige Amtsinhaber nur in seiner Funktion als König von Preußen), sondern lediglich eine Art Vorsitzender in einem Fürstenkollegium, ein primus inter pares. Erst später entwickelte sich der Kaiser zu einem Reichsmonarchen.
D. Zimmermann: Das klingt nach einem sehr komplexen Gebilde. Waren sich die Menschen überhaupt bewusst, wie verschachtelt der neue Nationalstaat war, in dem sie lebten?
Oliver Haardt: Absolut. Einer der Schwerpunkte meiner Arbeit liegt darauf, die größeren Reflexions- und Vorstellungsprozesse sichtbar zu machen, die den politischen Entscheidungen der Staatsmänner ihre Bedeutung gaben und in ihrer praktischen Konsequenz zur Gründung des Reiches führten. Besonders Karikaturisten und Künstler waren sehr aufmerksame Beobachter der komplizierten Staatsordnung, die dort entstand und sich nach 1871 immer wieder veränderte. Ein wunderbares Beispiel ist eine Zeichnung, die Wilhelm Scholz, der berühmte Karikaturist des „Kladderadatsch“, zum Abschluss der Einigungsverträge zwischen dem Norddeutschen Bund und den süddeutschen Staaten Ende 1870 veröffentlichte. Scholz enthüllt darin die Legitimationsprobleme der neuen Föderalordnung, indem er die Symbolpolitik rund um den erfolgreichen Abschluss der Versailler Verhandlungen mit geradezu beißender Ironie aufs Korn nimmt. Die Karikatur zeigt eine Gruppe von Engeln, die drei kaiserliche Insignien zu einem Tisch bringen, auf dem die Einigungsverträge zusammengerollt liegen. Zwei Putten tragen einen schweren Krönungsmantel und decken ihn über die Verträge. Drei andere Cherubinen befördern ein Kissen, auf dem eine Krone liegt. Diese ähnelt der alten heiligen römischen Reichskrone, ist aber nicht identisch. Einer der Kissenträger hat einen bayerischen Armeehelm auf, eine Anspielung darauf, dass es der bayerische König war, der Wilhelm von Hohenzollern letztlich die Kaiserkrone im Namen der Fürsten anbot. Ein weiteres Engelchen schleppt einen Reichsapfel herbei, der symbolisch für den globalen Machtanspruch des neuen Kaiserreiches steht. Betitelt ist die Szene mit einem lateinischen Denkspruch des römischen Dichters Ovid: „Finis coronat opus“ oder „Das Ende krönt das Werk“. So vielschichtig die Zeichnung ist, so eindeutig ist ihre Botschaft. Scholz will uns vor Augen führen, dass die Einrichtung des Kaisertums nur ein Täuschungsmanöver war, das die wahre Natur des neuen Föderalstaates verschleierte, indem es dessen Ursprung in pragmatischen Verhandlungen und Zweckmäßigkeitserwägungen hinter pompösen nationalen Symbolen versteckte. „Gewisse Dinge“, bemerkt der Untertitel süffisant, „bedeckt man gern mit dem (Kaiser-) Mantel der Liebe“.
D. Zimmermann: Die heterogenen Herrschaften des Reiches schließen also einen „ewigen Bund zum Schutz des Bundesgebietes … sowie zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes. Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen“. So steht es in der Präambel der Reichsverfassung von 1871 (die im Wesentlichen der älteren Verfassung des Norddeutschen Bundes entspricht). Sie betonen nun erstmals in dieser Deutlichkeit die föderative Grundlage des Reiches und schreiben aus dieser Perspektive eine ganz neue Geschichte des Kaiserreichs. Können Sie ein ganz konkretes Beispiel nennen, welche Innenpolitische Entwicklung so anders oder besser zu erklären ist?
Oliver Haardt: Die wohl wichtigste Entwicklung, die das politische System des Kaiserreiches zwischen der Reichsgründung und dem Ersten Weltkrieg nahm, wird durch die Linse der föderalen Natur der Verfassung erst wirklich verständlich: die viel diskutierte, unter Historikern nach wie vor sehr umstrittene Parlamentarisierung des Reiches, also die schrittweise Ausdehnung der Macht des Reichstages. Die Verfassung von 1871 war in wesentlichen Teilen als ein föderaler Bund souveräner Fürsten konstruiert. Diese Konstruktion hatte den Zweck, das neue gesamtdeutsche Parlament in engen Schranken zu halten. Dazu gab es eine ganze Reihe von wichtigen föderalen Strukturmerkmalen, die den Reichstag „einhegen“ sollten. Am wichtigsten war die zentrale Stellung des Bundesrates. Diese Versammlung der Gesandten der souveränen Fürsten erfüllte Aufgaben in allen Zweigen der Staatsgewalt und stand wie ein Schutzschild zwischen dem Reichstag und dem Kanzler, um letzteren so vor parlamentarischen Angriffen zu schützen. Der Aufstieg des Reichstages ist im Prinzip nichts anderes als die Geschichte davon, wie sich diese Schutzstrukturen aufgrund der kontinuierlichen Zentralisierung staatlicher Kompetenzen auf der Bundesebene langsam auflösten und das Parlament so einen direkteren Zugriff auf die exekutiven Entscheidungsstellen erhielten. Als der Erste Weltkrieg schließlich dazu führte, dass die alten Föderalstrukturen ganz in sich zusammenfielen, konnten die großen parlamentarischen Fraktionen die Regierung unter ihre Kontrolle bringen. Bis dahin war die Parlamentarisierung ein ständiger Kampf zwischen progressiven Kräften, die eine Zentralisierung des Reiches anstreben, um so die alten bündischen Abwehrstellungen zu durchdringen, und den konservativen Kräften, die sich dahinter verschanzten.
D. Zimmermann: Gibt es ein solches Beispiel auch für die Außenpolitik?
Oliver Haardt: Was die Außenpolitik betrifft, äußerte sich der Einfluss der föderalen, fürstenbündischen Natur des Reiches weniger in konkreten Einzelfällen als in dem nervösen Verhalten gegenüber anderen Staaten insgesamt. In dem komplizierten, sich ständig umsortierenden Föderalsystem war politische Macht ständig im Fluss. Es gab kein festes Machtzentrum, die einzelnen Teile der Verfassung waren – vor allem nach Bismarcks Abgang – häufig schlecht koordiniert und die einzelnen Entscheidungsstellen wussten oft nicht, was ihre jeweiligen Gegenstücke gerade machten. Dazu kam noch, dass der gesamte militärische Bereich aus den normalen Verfassungsstrukturen ausgekoppelt war und ein Eigenleben führte. Das Alles führte zu einer permanenten Ruhelosigkeit des föderalen Regierungssystems, die sich außenpolitisch darin niederschlug, dass dieses Reich nie richtig seinen Platz im europäischen Großmachtgefüge fand. Man kann sich das Ganze in etwa so vorstellen wie einen Haushalt, dessen einzelne Mitglieder ständig darum kämpfen, wer denn nun das Sagen hat, ohne dabei durch irgendwelche festen Alltagsstrukturen in ihrem Verhalten berechenbar zu sein. Das Resultat ist eine innere Unruhe, mitunter sogar Chaos, das sich automatisch auch auf die Beziehungen dieses Hauses zu den Nachbarn auswirkt.
D. Zimmermann: Dieser „Ewige Bund“, der da ausgerechnet in Versailles am 18. Januar 1871 aus der Taufe gehoben wurde, entstand in einer Zeit großspuriger Nationalstaatlichkeit. War dies ein zukunftsweisender Akt oder eher ein letzter, konservativer Versuch, die alte deutsche Vielstaatlichkeit zu bewahren?
Oliver Haardt: Es ging bei der Gründung des „ewigen Bundes“ in erster Linie nicht darum, die alte deutsche Vielfalt zu bewahren. Das Gewandt des Fürstenbundes, in das Bismarck die Verfassung hüllte, war vielmehr ein Instrument dafür, die preußische Machtstellung in Zentraleuropa auszubauen, gleichzeitig aber das monarchische Prinzip so gut wie möglich zu erhalten. Tatsächlich spielten inhärente Qualitäten des Föderalismus – wie eben die Bewahrung von Vielfalt – in den Debatten der Reichsgründungszeit fast keine Rolle, jedenfalls nicht, nachdem der preußische Sieg über Österreich Bismarcks nüchterne Deutschlandpolitik bestätigt hatte. Es ging vor allen Dingen um Machtfragen, die die verschiedenen beteiligten Kräfte – die preußische Monarchie, die Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten, der konstituierende Reichstag – pragmatisch zu lösen versuchten. Zukunftsweisend war das nur insofern, als dass die einzelnen Vertreter stets versuchten, in den Verhandlungen zur Verfassung Bedingungen zu schaffen, unter denen ihre Interessen nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in Zukunft prosperieren würden. Die Nationalliberalen waren wahre Meister darin. Da sie nach der traumatischen Erfahrung der gescheiterten Revolutionen von 1848 unbedingt die Chance nutzen wollten, jetzt im Verbund mit der preußischen Monarchie einen deutschen Nationalstaat zu schaffen, stimmten sie Bismarcks Lösung zu, obwohl diese in vielen Punkten geradezu das Gegenteil von dem war, was sie sich erhofften. Gleichzeitig säten die Nationalliberalen aber eine Reihe von strukturellen Keimen in die Verfassung, von denen sie sich versprachen, dass diese mit der Zeit aufgehen und liberale Kernziele wie die Ministerverantwortlichkeit verwirklichen würden, sobald sich erst einmal mehr staatliche Aufgaben auf der nationalen Ebene konzentrieren würden. Genau auf so einen Zentralisierungsprozess spekulierten die Liberalen nämlich, weil sie auf den Drang zu einem gemeinsamen deutschen Markt und auf andere wirtschaftlich-soziale Vereinheitlichungsfaktoren vertrauten.
D. Zimmermann: Diese Frage muss sein, Herr Haardt: War diese Reichsgründung ein Fluch, oder ein Segen für Europa?
Oliver Haardt: Ich versuche die Kategorien „Fluch“ und „Segen“ in meiner Arbeit zu vermeiden, da die meisten geschichtlichen Entwicklungen viel zu kompliziert sind, um sie so pauschal einzuordnen. Das gilt gerade für die Reichsgründung mit ihren vielen Akteuren und unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und militärischen Dimensionen. Was man aber ohne Umschweife feststellen muss, ist, dass die Reichsgründung in der Form, wie sie sich zwischen 1866 und 1871 vollzog, ein eindeutiger Bruch mit der bisherigen Geschichte war. Was dort im Herzen Europas entstand, war zum allerersten Mal ein gesamtdeutscher Bundesstaat. Die Mitte des Kontinents wurde jetzt nichtmehr von einem losen Staatenbund unter österreichischer Führung gebildet, sondern von einem integrierten Föderalstaat, der alle Ressourcen der Nation unter dem Dach der preußischen Militärmonarchie vereinigte. Geopolitisch widersprach das geradezu diametral der Tradition, das Zentrum Europas schwach zu halten, und löste dementsprechend ein Erdbeben in der europäische Großmächtelandschaft aus, dessen Auswirkungen bis 1914 reichten. Innenpolitisch ist die Reichsgründung ohnehin ambivalent. Auf der einen Seite gab es nun endlich gesamtstaatliche Strukturen. Diese waren auf der anderen Seite aber so konstruiert, dass sie einer Parlamentarisierung und einer Liberalisierung des Reiches im Wege standen. Für den deutschen Föderalismus war die Reichsgründung ein besonders prägendes Ereignis, weil sie dafür sorgte, dass bundesstaatliche Strukturen dauerhaft und hauptsächlich mit bestimmten Machtinteressen gleichgesetzt wurden. Das führte dazu, dass der Föderalismus bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wenig Respekt genoss, ja geradezu verhasst war, und es jene Kräfte, die eine Einheitsherrschaft anstrebten – wie später die Nationalsozialisten – relativ einfach hatten, die Abschaffung der traditionellen, machtteilenden Strukturen deutscher Staatlichkeiten zu propagieren.
D. Zimmermann: Wie viel Deutsches Reich steckt im heutigen Deutschland.
Oliver Haardt: Die kurze Antwort auf diese sehr komplexe Frage muss wohl lauten: strukturell Einiges, inhaltlich Weniges. Natürlich haben sich etliche strukturelle Merkmale des föderalen Systems, das die Reichsgründung etablierte, bis heute erhalten. Das prominenteste Beispiel ist wahrscheinlich der Bundesrat, der ja auch heute noch ein Gesandtenkongress der einzelstaatlichen Regierungen ist und nicht etwa – wie zum Beispiel der amerikanische Senat – direkt vom Volk gewählt wird. Auch die Verwaltungshoheit der Länder – also das Prinzip, dass im Bund die Kompetenz zur Durchsetzung der Gesetze grundsätzlich bei den Einzelstaaten liegt – hat sich bis heute gehalten. Inhaltlich sind diese überlieferten Strukturen nach den Katastrophen des 20. Jahrhunderts und der Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik aber (zum Glück) heute ganz anders besetzt als vor 150 Jahren. Der Bundesrat dient nicht mehr dazu, die Regierung vom Reichstag abzuschirmen und dadurch antiparlamentarisch zu wirken. Vielmehr soll er die Beteiligung der demokratisch gewählten Regierungen der Länder im legislativen Prozess der bundesdeutschen Republik sicherstellen. Auch die Verwaltungshoheit der Länder folgt heute einem ganz anderen Gedanken, nämlich dem der Subsidiarität und nicht des monarchischen Machterhalts. Außerdem ist der Föderalismus – bei aller Kritik, die es stellenweise immer wieder an ihm gibt, wie auch jetzt im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie – längst nicht mehr so negativ besetzt wie zu Zeiten des Kaiserreichs. Im Gegenteil: Mittlerweile ist er zu einem festen Bestandteil der deutschen Demokratie geworden, der häufig als einer der Gründe für deren Erfolg angeführt wird.
D. Zimmermann: Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit Bismarck und dem Kaiserreich. Im richtigen Leben sind Sie mit einer Engländerin verheiratet. Wie ist deren Verhältnis zu Bismarck? Bewundernd oder Ablehnend? Indifferent, oder aber eifersüchtig?
Oliver Haardt: In England wird Bismarck als einer der großen Staatsmänner des 19. Jahrhundert sehr verehrt und üblicherweise in einem Atemzug mit Metternich, Castlereagh, Palmerston und Disraeli genannt. Das ist vor allem deshalb sehr interessant, weil Bismarck dabei für gewöhnlich als Steuermann des „guten“ Teils der deutschen Geschichte wahrgenommen wird – der Lotse, der das Staatsschiff fest im Griff hatte und zu einem verlässlichen Gefährt machte, bevor dieses unter Wilhelm II. außer Kontrolle geriet und auf Kollisionskurs ging. Leider gibt es in der politischen Klasse auch dunkle Gestalte, die sich besonders Bismarcks Skrupellosigkeit zum Vorbild nehmen, wie etwa Dominic Cummings, den ehemaligen Superberater des derzeitigen Premierministers. Meine Frau findet vor allem den Ideenreichtum Bismarcks sehr spannend. Selbst eine nüchterne Naturwissenschaftlerin kann nicht anders, als die geistige Flexibilität und Kreativität Bismarcks zu bewundern. Sie hört immer wieder mit Begeisterung zu, wenn ich ihr Geschichten zu diesem Thema erzähle. Wir kennen uns praktisch nur mit Bismarck, da ich an dem Buch schon gearbeitet habe, bevor ich sie kannte – tatsächlich hieß sogar der Stechkahn, mit dem wir in Cambridge auf dem dortigen Fluss entlang fuhren, als wir uns kennenlernten, Bismarck.
D. Zimmermann: Sie haben nun Cambridge verlassen, wo Sie lange Jahre gelehrt und geforscht haben, und kehren nach Deutschland zurück: Gibt es neue Buchpläne?
Oliver Haardt: Die gibt es. Es würde mich natürlich sehr reizen, eine neue Bismarck-Biographie zu schreiben. Das ist allerdings ein sehr großes Vorhaben, das wohl noch einige Zeit warten muss. Erst einmal gibt es noch verschiedene kleinere Projekte zu bewerkstelligen. Natürlich würde es mich auch interessieren, worüber die Leser der WBG im Bereich der Verfassungs- und Politikgeschichte des 19. und 20. Jahrhundert gerne mehr lesen würden. Mir liegt allgemein viel daran, dieses klassische, mittlerweile aber doch eher an den Rand der Geschichtswissenschaften gedrängte Feld durch die Mittel der Kulturwissenschaft zu modernisieren und ihm so neue Aufmerksamkeit zu verschaffen, weil ich davon überzeugt bin, das wir daraus sehr viel lernen können. Anregungen sind also immer willkommen!
D. Zimmermann: Lieber Herr Haardt, ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses Gespräch und wünsche Ihrem Buch viele interessierte Leser!
Zur Leseprobe von »Bismarcks ewiger Bund« →
Zur Schwerpunktseite »150 Jahre Deutsche Reichsgründung« →
Zu den Beteiligten
Oliver F.R. Haardt arbeitet seit 2017 als Lumley Research Fellow in Geschichte am Magdalene College der Universität Cambridge. Zuvor studierte er ebenfalls in Cambridge am Trinity College Geschichte und promovierte 2017 unter Christopher Clark. Seine Arbeit hat mehrere bedeutende Preise in Deutschland und Großbritannien gewonnen. Seine Forschung konzentriert sich auf die Politik- und Verfassungsgeschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert. Er publizierte in German History und der Historischen Zeitschrift, den beiden führenden Fachjournalen zur deutschen Geschichte. Darüber erschienen Beiträge für mehrere renommierte Sammelbände zum Kaiserreich und der Weimarer Republik, diverse Essays für ein breiteres Publikum, unter anderem zum hundertjährigen Jubiläum der Weimarer Reichsverfassung und in der FAZ.
Daniel Zimmermann lebt in Mainz und ist Programmmanager im wbg-Lektorat Geschichte. Dort ist er zuständig für die Programme wbg Theiss, wbg Edition, wbg Academic und wbg Zabern.