„Alles für das Volk, alles durch das Volk! … Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue; es lebe die deutsche Republik!" (Scheidemann)
Der 9. November, der Schicksalstag der deutschen Geschichte. Drehen wir die Uhr um 101 Jahre zurück, sehen wir in Berlin einen Mann an einem Fenster des Reichstags stehen, der vor versammelter Menge die Republik ausruft. Wenige Stunden später, auch in Berlin, steht ein anderer Mann am Stadtschloss und verkündet vor hunderten Anwesenden ebenfalls die Republik.
Doch was war passiert?
Dazu müssen wir noch ein paar Tage mehr in der Geschichte rückwärtsgehen.
Unzufriedenheit beherrscht das Land. Die Bürger leiden unter Hunger und Armut. Der Krieg war so gut wie verloren und die Bürger wünschten sich nichts sehnlicher als das Ende des Krieges. Die Schuld für ihre Situation gaben die Deutschen ihrem Kaiser, der sie in den Krieg geführt hatte und verlangten deshalb seinen Rücktritt. Unterstützung erhielten sie von anderen Staaten. Beispielsweise war die USA dazu bereit den Krieg zu beenden, wenn Deutschland Wiedergutmachung zahlen und der Kaiser abdanken würde.
Als die Matrosen in Wilhelmshaven am 4.11.1918 schließlich den Befehl erhielten noch einmal gegen die Engländer vorzugehen, verweigerten sie diesen. Sie wollten nicht als „Kanonenfutter“ dienen und ihr Leben nur für ihre Ehre riskieren. Die Befehlsverweigerung und der Aufstand der Matrosen breitete sich auf das ganze Land aus. So kam es in ganz Deutschland zu Streiks und Demonstrationen. Die Fürsten der Länder standen durch die Kritik auf unsicherem Grund. Ludwig ll, König von Bayern, war schließlich der erste, der durch Kurt Eisner (USPD) gestürzt wurde.
Der Druck auf die Monarchie schwoll an, bis Max von Baden - der derzeitige Reichskanzler - die Abdankung des Kaisers bekannt gab, ohne dass dieser zu diesem Zeitpunkt überhaupt zugestimmt hatte. Der Reichskanzler übergab mit seiner Verkündung die Regierungsgeschäfte an die SPD.
So kam es, dass zuerst Philipp Heinrich Scheidemann am Reichstagsgebäude und kurz darauf Karl Liebknecht am Berliner Stadtschloss die Republik ausrief. Obwohl beide Männer, am gleichen Tag den Beginn der Republik verkündeten, waren ihre Wünsche an diese komplett verschieden. Während Liebknecht, Anhänger der USPD und des Spartakusbundes, eine Räterepublik mit weitreichenden Veränderungen und der Enteignung der Industriellen forderte, rief Scheidemann eine parlamentarische Republik aus.
Am selben Abend versammelten sich 100 revolutionäre Obleute im Reichstag um ein Revolutionsparlament zu bilden. Jeder Berliner Großbetrieb und jedes Militärregime sollte 10 Vertreter wählen, welche anschließend die Revolutionsregierung aus USPD und SPD wählen sollten. Diese sollte anschließend gemeinsam unter Friedrich Ebert regieren.
Der Reichsrätekongress entschied sich etwas später zu einer parlamentarischen Demokratie und stellte so die Weichen für die Weimarer Republik.
Was meinen Sie?
War der Umsturz von 1918 eine misslungene und steckengebliebene Revolution? Oder handelt es sich um einen erfolgreichen Umbruch hin zu dem ersten demokratischen Gemeinwesen auf deutschem Boden?
Von Thorsten Jacob