Die Zarinnen aus Hessen Darmstadt
Darmstadt und St. Petersburg sind zwei sehr unterschiedliche Städte, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben. Doch es gab eine Zeit da waren die ehemalige Zarenstadt und die Wissenschaftsstadt eng miteinander verknüpft. Denn ab dem 19. Jahrhundert herrschten verwandtschaftliche Beziehungen zwischen der Zarenfamilie Romanow und dem herzoglichen Haus Hessen-Darmstadt.
Wilhelmine von Hessen-Darmstadt: Die Erste Heirat
Im Jahr 1773 heiratete Wilhelmine von Hessen-Darmstadt als erste hessische Prinzessin einen russischen Thronfolger, den späteren Zaren Paul I. Mit der Hochzeit konvertierte sie zum russisch- orthodoxen Glauben und war fortan unter dem Namen Natalia Alexejewna bekannt. Ihre Schwiegermutter war keine geringere als Katharina die Große, die ebenfalls deutsche Wurzeln hatte. Natalia Alexejewna wurde letztendlich nicht Zarin, da sie drei Jahre nach ihrer Hochzeit bei der Geburt ihres ersten Kindes verstarb. Sie erlebte die Krönung ihres Gatten nicht.
Prinzessin Marie von Hessen und bei Rhein: Die erste Zarin
Prinzessin Marie von Hessen und bei Rhein heiratete 1841 den späteren Zar Alexander II. Sie erhielt den russisch-orthodoxen Namen Marija Alexandrowna. Mit dem Tod von Zar Nikolaus I im Jahr 1855 wurde sie, durch die Krönung ihres Mannes, zur ersten hessischen Zarin. Marija betreute sehr viele wohltätige Projekte und Arbeiten. So gründete sie zum Beispiel das russische Rote Kreuz. Trotz ihres neuen Wohnsitzes in St. Petersburg, blieb Marija ihrer Heimat Darmstadt immer sehr verbunden. Sie und Zar Alexander II verbrachten ihre Sommerurlaube am liebsten auf Schloss Heiligenberg in Jugenheim an der Bergstraße. Nach langer Krankheit verstarb die Zarin im Jahr 1880.
Marija Alexandrowna erhielt einige Ehren, so wurde der Marienplatz in Darmstadt, das Mariinski-Theater in St. Petersburg, der Marienpalast in Kiew und die finnische Stadt Mariehamn nach ihr benannt.
Elisabeth Alexandra Luise Alice Prinzessin von Hessen und bei Rhein: Die Heilige
Elisabeth Prinzessin von Hessen und bei Rhein ist nicht nur eine hessische Prinzessin, sondern auch die Enkelin von Königin Victoria. Sie heiratete 1884, entgegen den Willen ihrer Großmutter, Marijas siebten Sohn, Sergeji Alexandrowitsch Romanow. Anders als die hessischen Frauen vor ihr, trat sie erst 1891 der russisch-orthodoxen Kirche bei. Danach war sie bekannt als Großfürstin Jelisaweta Fjodorowna.
Nachdem ihr Mann 1905 ermordet wurde, begann sie ein fromm-religiöses Leben. Sie teilte ihren ganzen Besitz, einschließlich ihres Eherings, auf. Den größten Teil nutzte sie für ihre wohltätige Arbeit. 1909 gründete sie dann das „Martha-Maria-Kloster der Barmherzigkeit“ und stand dem Kloster als Äbtissin bei. Ihre religiöse und karitative Arbeit machte sie sehr beliebt beim Volk. Nichtsdestotrotz wurde sie während der Oktoberrevolution von den Bolschewiki ermordet.
Die russisch-orthodoxe Kirche sprach sie als „Heilige Elisabeth von Hessen“ im Jahr 1981 heilig. Auch die anglikanische Staatskirche ehrt Jelisaweta Fjodorowna. Sie nennt sie eine Märtyrerin des 20. Jahrhunderts und widmete ihr ein Bildnis am Westportal der Westminster Abbey in London.
Prinzessin Alix Viktoria Helene Luise Beatrix von Hessen und bei Rhein: Die letzte Zarin
Prinzessin Alix von Hessen und bei Rhein ist die jüngere Schwester von Elisabeth. Sie wuchs mit ihren drei Schwestern und ihrem Bruder größtenteils in Großbritannien auf und hatte eine enge Bindung zu ihrer Großmutter Königin Victoria. Im Jahr 1894 heiratet sie Zar Nikolaus II im Winterpalast in St. Petersburg. Diesen lernte sie damals auf der Hochzeit ihrer Schwester kennen. Nach ihrer Hochzeit trug sie den Namen Alexandra Fjodorowna.
In den Jahren 1897 und 1899 besuchten Alexandra und ihr Mann Alexandras Heimat Darmstadt. Die beiden errichteten dort eine russische Kapelle, die bis heute noch in der Mathildenhöhe steht.
Während der Oktoberrevolution musste die Zarenfamilie aus St. Petersburg fliehen. Am 17 Juli 1918 erschossen die Bolschewiki Alexandra samt Zar und Kindern. Im Jahr 2000 wurde die Zarenfamilie dann von der russisch-orthodoxen Kirche heiliggesprochen.
Mit dem Tod der Zarenfamilie Romanow zerbrach auch die Verbindung der beiden Städte. Dennoch existieren sowohl in Darmstadt als auch in St. Petersburg Andenken an die enge verwandtschaftliche Verbindung der Zarenfamilie Romanow und dem herzoglichen Haus Hessen-Darmstadt.