Der deutsche Philosoph, Anthropologe und Religionskritiker Ludwig Feuerbach wurde am 28. Juli 1804 in Landshut im Kurfürstentum Bayern als Sohn des Rechtsgelehrten Johann Anselm von Feuerbach geboren. Johann Anselm von Feuerbach war ein bedeutender deutscher Strafrechtler, der mit seiner Arbeit in den Rechtswissenschaften das bayrische Strafgesetzbuch revolutionierte. Durch den in der akademischen Welt gut vernetzten Vater hatte Ludwig bereits früh Kontakt mit Professoren der Philosophie, wie beispielsweise Friedrich Immanuel Niethammer und Friedrich Heinrich Jacobi.
Ludwig Feuerbach begann seine akademische Laufbahn jedoch mit dem Studium der Theologie in Heidelberg und merkte schnell (nicht zuletzt durch den Einfluss des Philosophen Carl Daub), dass er sich viel eher zur Philosophie hingezogen fühlte. Bald darauf verließ Feuerbach Heidelberg und wechselte für das Studium der Philosophie nach Berlin, um dort unter Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu lernen.
Nach abgeschlossener Promotion und Habilitation war Feuerbach als unbesoldeter Privatdozent in Erlangen tätig. 1830 publizierte Feuerbach kurz nach Beginn der Unruhen durch die Pariser Julirevolution anonym seine Erstlingsschrift, welche sich mit »Gedanken über den Tod und die Unsterblichkeit« beschäftigte. Wegen der religionskritischen Inhalte wurde der Verfasser der Schriften polizeilich gesucht – Feuerbach stellte sich und musste seine Lehrtätigkeit einstellen. Seine akademische Karriere war ruiniert.
Dies schreckte Feuerbach keineswegs ab weiterhin publizistisch tätig zu sein. Nachdem er seine philosophischen Grundsätze in einigen Texten veröffentlichte, brachte ihm dies eine Einladung der »Societät für wissenschaftliche Kritik« ein. Dies ermöglichte Feuerbach die Mitarbeit an den Jahrbüchern. Aufgrund dieser Arbeit entschloss sich Feuerbach schließlich ein Buch zu schreiben, welches sich mit der Widerlegung der hegelschen Kritik beschäftigte. Im Laufe der nächsten Jahre war Feuerbach schriftstellerisch sehr aktiv.
Nach und nach distanzierte er sich immer mehr von seinem Lehrer Hegel und setzte sich eher kritisch mit seinem Gedankengut auseinander. Zwischen 1839 und 1841 entstand Feuerbachs Hauptwerk »Das Wesen des Christentums«, in dem er sich nun endgültig von seinem früheren Lehrmeister löste.
Dort entwickelte Feuerbach die sog. Projektionstheorie. In dieser stellte Feuerbach heraus, dass es sich bei »Gott« lediglich um ein Konstrukt handele, welches von der Menschheit erdacht wurde, um ihre Wünsche und Sehnsüchte in Reinform zu vertreten. Hierbei ging Feuerbach von einem christlichen Standpunkt aus. Doch die Theorie war noch nicht ausgereift, weshalb Feuerbach sich danach allgemein mit der Frage beschäftigte, was Religion denn überhaupt sei.
»[N]icht Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, wie es in der Bibel heisst, sondern der Mensch schuf, wie ich im Wesen des Christenthums zeigte, Gott nach seinem Bilde. […] Jeder Gott ist ein Wesen der Einbildung, ein Bild, und zwar ein Bild des Menschen, aber ein Bild, das der Mensch ausser sich setzt und als ein selbständiges Wesen vorstellt.«
Ludwig Feuerbach
Wegen dieser Auffassung ordnete Feuerbach die Theologie zum Forschungsfeld der Anthropologie zu. Die Untersuchung der Religion eigne sich laut Feuerbach hervorragend dazu, die Sehnsüchte, Stärken und Unzulänglichkeiten der Menschheit zu untersuchen.
Die Projektion »Gott« sei für den Menschen ebenso hilfreich wie hinderlich. Durch den Fokus auf »Gott« schaue der Mensch gar nicht mehr auf sich selbst und wird entfremdet. Dies wird durch »Gott« und »Religion« in Form von Ablass, Ritualen, Gottesdienste und ähnlichen religiösen Bestandteilen weiter potenziert. Die Menschheit handele in dem Glauben eines besseren Lebens nach dem Tod. Was nun, wenn dadurch entscheidende Maßnahmen, die zum Beispiel bei Krankheit notwendig sind, durch Beten oder Gottesdienstbesuche ersetzt werden? Feuerbach warnt davor, dem Glauben zu viel Macht über das eigene Leben zu geben und plädiert dafür sich vielmehr selbst die Bedürfnisse zu erfüllen. Dennoch räumt Feuerbach dem Glauben und der Liebe auch eine sehr beruhigende Funktion ein.
Feuerbach forderte in einer sehr religiösen Welt bzw. Zeit den Fokus auf den Menschen zu legen. Es solle kein christliches Staatsrecht, sondern ein menschliches Staatsrecht geben. Religion dürfe nicht zur Abgrenzung verwendet werden.
»Was ist der letzte Grund unserer geistigen und politischen Unfreiheit? Die Illusion der Theologie. Ich weiß das aus meinem eigenen früheren Leben, wo dieser Teufel in Engelsgestalt mich in seinen Krallen gehabt hat. […] Es ist unglaublich, welche Illusionen die arme Menschheit beherrschen, noch heute beherrschen, und wie uns die spekulative Philosophie in ihrer letzten Richtung, statt von diesen Illusionen befreit, nur darin bestärkt hat.«
Ludwig Feuerbach
Der Philosoph war der Meinung, der Glaube an »Gott« sei eine reine Illusion. Anstelle sich auf die ablenkende Religion zu konzentrieren, solle der Mensch sich viel mehr mit seinem eigenen Wesen beschäftigen. Bei allem Fortschritt in Feuerbachs Theorie war das Frauenbild des Philosophen im Gegensatz dazu sehr rückschrittig. Im »Wesen des Christentums I« (Kap. 10) heißt es:
»Der Geschlechtsunterschied ist kein oberflächlicher […]; er ist ein wesentlicher; er durchdringt Mark und Bein. Das Wesen des Mannes ist die Männlichkeit, das des Weibs die Weiblichkeit.«Ludwig Feuerbach
Sein Gedankengut machte ihn zur Leitfigur der Opposition des »Vormärz«. Dadurch hatte Feuerbach die Möglichkeit an verschiedensten Zeitschriften mitzuwirken, lehnte diese aber ab. 1848 kandidierte Feuerbach indes für die »Frankfurter Nationalversammlung«, unterlag jedoch knapp seinen Gegenkandidaten. Als sich Feuerbach schließlich nach dem Scheitern der Revolution auf das Anwesen seiner Frau in Bruckberg zurückzog, legte sich der Trubel um Feuerbach. Seine Philosophie kam durch den Aufschwung Arthur Schopenhauers aus der Mode, Feuerbach ging in Konkurs und starb schließlich verarmt am 13. September 1872 in der Nähe von Nürnberg an einer Lungenentzündung.
»Die Erkenntnis wird nur durch den Verlust der Unschuld des Lebens erkauft.«