Hexen und Hexer in Rom

„Eine Hexe mit dämonischer Macht, den Himmel niederzulegen, die Erde aufzuhängen, Quellen zu verhärten, Berge zu schmelzen, Geister heraufzuholen, Götter herabzuziehen, Sterne auszulöschen, tatsächlich die Unterwelt zu illuminieren.“ 
Apuleius


Das Geheimnis um Magie zieht die Menschheit seit Jahrtausenden in ihren Bann. In der Frühen Neuzeit galten diejenigen Frauen als Hexen, die besonders in der Kräuterkunde gebildet waren und zugleich als „das Böse“ stilisiert wurden. Unterlag man dem Strafbestand der Hexerei, war es durchaus kein Leichtes, lebend aus der Situation zu gelangen. Die Angst vor Hexen wandelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem perfiden Interesse an Magie. Durch Joanne K. Rowling, Andrzej Sakrowski, Roberto Aguirre-Sacasa und Co sind Hexen und Magie in der modernen Popkultur wieder voll im Trend. 


Aber bereits im antiken Rom (ist hier die Sprache von Rom, meine ich stets das gesamte römische Reich) waren Hexen abseits des Mythos‘ total in. Gaius Marius, Pompeius Magnus und auch Spartacus setzten auf magische Beratung in militärischen und strategischen Belangen. Im Gegensatz zur Frühen Neuzeit waren sowohl männliche als auch weibliche Magiebegabte in Rom bekannt. Unter den Bezeichnungen saga und magus meinten die Römer:innen diejenigen, die durch ihre übernatürlichen Fähigkeiten in der Lage waren, Magie zu kontrollieren,  zu nutzen und die sich magische Aufträge monetär erstatten ließen.  


„Aber Du mußt mich auch bezahlen!« sagte die Hexe, »und es ist nicht wenig, was ich verlange!«“
Hans Christian Andersen


Dabei darf keineswegs vorausgesetzt werden, dass sich die Bewohner:innen Roms die Nichtexistenz der Magie bewusst waren: „Wissen, das uns überholt oder falsch scheint, tun wir heute gern als Magie ab. Solch Wissen wurde in der Antike aber als wahres Wissen angesehen.“ (Spieser 2004)


Magie war im römischen Reich allgegenwärtig: Schutzamulette, Fluchtafeln und magische Figurinen waren überall zu finden. Schon in Gesetzestexten ist Magie geregelt: So war es beispielsweise durch das Zwölftafelgesetz seit 450 v. Chr. verboten, die Ernte der Bauern mit Magie negativ zu beeinflussen oder die Mitbürger:innen mit magischen Tränken zu vergiften. Dabei ist dieses doch sehr frühe Zeugnis bei weitem nicht der erste Verweis auf Hexen in der Antike. Das berühmteste Beispiel für Magie stammt womöglich aus der Bibel. „Eine Zauberin sollst du nicht am Leben lassen.“ (Ex. 22, 17). Im antiken Rom war Magie vorerst nur verboten, wenn dadurch jemand anderes geschädigt wurde. Dies änderte sich dann im Laufe des 1. Jh. n. Chr. Magie wird zum Kapitalverbrechen. Rudolf Kremer erklärt dieses Phänomen so, dass durch die Romanisierung immer mehr „Magiebegabte“ aus dem ehemals persischen Gebieten hereinströmen und es dadurch zu einem schwungvollen Aufschwung der magi und sagae im römischen Reich kommt. 


Optisch erinnern die sagae bereits an die Schilderungen von Hexen aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Römische Satiriker wie Juvenal und Material überliefern, dass es sich bei sagae um sehr hässliche Frauen gehandelt hat, die sich primär durch Grausamkeit, Egoismus und Triebhaftigkeit auszeichneten. Sagae wurden meist dann zu Rate gezogen, wenn der Hilfesuchende Weissagung, Liebe oder Schaden an einer anderen Person in Auftrag gab. 
Die magi sind streng von den staatlich agierenden haruspices zu trennen, die zur Divination vor wichtigen Ereignissen angefragt wurden.
Wie zu erwarten durchlief auch das Bild des magus einen Wandel. Zunächst handelte es sich bei magi einerseits um diejenigen, die Zaubertricks vor Publikum aufführten oder die Zukunft voraussagten, andererseits wurde die Magie in Rom als Wissenschaft anerkannt. Dies änderte sich mit zunehmenden orientalistischen Einflüssen auf magische Praktiken. Im besten Fall wurden die Magier als Scharlatanen degradiert – im schlimmsten Fall handelte es sich bei ihnen um Staatsfeine, um Nekromanten und böse Hexenmeister, die fern ab jeder Moral praktizierten. 

Trotz, dass sagae und magi seit dem 1. Jh. nicht mehr sonderlich beliebte Mitglieder der Gesellschaft darstellten, bezeugen Funde von Fluchtäfelchen aus dem 5. Jh. weiter von ihrer Existenz. 


Im 1. Jh. n. Chr. entstand am Rande des römischen Reiches eine Konkurrenzbewegung. Die Anhänger:innen dieser neuen Religion huldigten einem Mann, der über Wasser laufen, Kranke heilen und Wasser zu Wein verwandeln kann. Obwohl Hexen in der Bibel eindeutig als verboten gelten (Ex. 22, 17), werden mit dem Aufschwung des Christentums keine zusätzlichen Maßnahmen gegen die Magiepraktizierenden in die Wege geleitet. Die Kaiser scheinen sich nur an denjenigen zu stören, die es wagten, den Tod des Kaisers in irgendeiner Art und Weise vorhersagen zu wollen. Die breite Gesellschaft wollte auch nicht gänzlich auf Magier:innen verzichten: Die Menschen sicherten sich gern zwei Mal (also bei Christus und einem Gott, Magier usw.) ab, nur um auf Nummer sicher zu gehen. 


Es sollte erst noch Jahrhunderte dauern, bis Menschen aufgrund ihrer vermeidlich übernatürlichen Fähigkeiten verfolgt und getötet wurden. 

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