Marcin´s Betrachtungen: „Corpus Democriteum“

Von Leukipp, dem Begründer der Atomistik, weiß man wenig Sicheres. Angeblich war er ein Schüler Zenos. Seine Gedanken, die in einem später unter dem Titel „große Weltordnung“ bekannten Werk entwickelt wurden, waren schon frühzeitig von denen seines um etwa eine Generation jüngeren Schülers Demokrit nicht mehr zu unterscheiden.

Demokrit wurde um 460 in Abdera geboren. Von seinen zahlreichen Schriften sind nur noch Bruchstücke erhalten. Hervorzuheben sind „die kleine Weltordnung“ und die Schrift „Über die Gemütsruhe“.

Um die Vielheit und Veränderlichkeit der empirischen Dinge realistisch interpretieren zu können, ersetzen Leukipp und Demokrit die eleastische These der Einzigkeit des wahrhaft Seienden durch die Annahme eine Vielheit unteilbarer Seiender oder Atome.

Das Wahre sein nicht das durch die sinnliche Erkenntnis Wahrgenommene, sondern die Welt der Atome und ihre Verhältnismessigkeit, die durch die sinnliche Erkenntnis nicht erfasst werden kann. Stattdessen erst durch die Begabung des vernünftigen Nachdenkens.

Unter den atomistischen Voraussetzungen ergibt sich die Konsequenz, daß wir in der Wahrnehmung die Dinge nicht so erkennen, wie sie an sich selbst sind, sondern nur so, wie sie auf uns wirken. Darum heißt die Sinneswahrnehmung bei Demokrit „dunkle“ Erkenntnis im Gegensatz zur sogenannten echten Erkenntnis des Verstandes.

Bis zu einem gewissen Grade kann sich aber der Verstand ungeachtet der Gleichartigkeit von Begriff und Empfindung von der sinnlichen Wahrnehmung freimachen, da er als feineres Organ die Abhängigkeit von der gröberen Wahrnehmung bis zu einem gewissen Punkt zu überwinden vermag.

Es liegt daher nahe, den Verstand als Fähigkeit zu bestimmen, auf Grund der Wahrnehmungsbilder Hypothesen über die wahre Struktur der Dinge aufzustellen.

In Demokrits Erkenntnistheorie werden die Phänomene unter doppelten Gesichtspunkt gesehen: Vom Standpunkt der unmittelbaren Erfahrung aus sind sie als wahr, vom Standpunkt der atomistischen Theorie aus bloße Erscheinungen einer nicht direkt erkennbaren Wirklichkeit zu kennzeichnen.

Die Annahme des atomaren Aufbaus aller Dinge war bei Leukipp und Demokrit keine wissenschaftliche Hypothese, da sie prinzipiell nicht empirisch prüfbar ist. Es handelt sich vielmehr um eine ontologische Konstruktion, ausgehend von der eleastischen Forderung der Unveränderlichkeit des wahrhaft Seienden und der Anerkennung der Wirklichkeit des Werdens. Wegen des metaphorischen Charakters dieser Theorie dienen ihre Grundsätze auch nicht der Erklärung bestimmter empirischer Tatsachen, sondern der allgemeinen Züge der Erfahrungswirklichkeit.

Daher dürfen die griechischen Atomisten nur mit Vorbehalt als Vorläufer des neuzeitlichen naturwissenschaftlichen Denkens angesehen werden.

Zweifellos bereitetet ihre Ontologie das für die Naturwissenschaft charakteristische quantifizierenden Denken in entscheidender Weise vor.

Demokrit selbst nahm Bezug auf die Beschaffenheit der menschlichen Seele. Sie sei der Grund der Bewegung des Körpers, des Lebens und des Denkens. Sie habe zugleich die nicht genauer beschriebene Rolle einer alle Funktionen des Individuums koordinierenden Instanz. Jedoch sei sie nicht unsterblich.


Herr Marcin Lupa, wbg Mitglied aus Bayern, schreibt regelmäßig philosophische Artikel unter dem Titel „Marcin´s Betrachtungen“ mit dem Ziel, die gesamte Geschichte der Philosophie durch seine Recherchen der Community näherzubringen. 

 

 

 


 

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