Kein anderer antiker Herrscher ist so bekannt und umstritten wie Kaiser Nero, der am 15. Dezember 37 n. Chr. in Antium an der Küste Latiums unter dem Namen Lucius Domitius Ahenobarbus geboren wurde. Seine Mutter war Julia Agrippina, eine Schwester des berühmten Kaiser Caligula. Damit war Nero nicht nur Teil der julisch-claudischen Dynastie, sondern mütterlicherseits auch ein direkter Nachfahre von Kaiser Augustus.
Neros Kindheit und Jugend war geprägt von einer ausgezeichneten Ausbildung. Seine Mutter Agrippina sorgte dafür, dass Nero von den Besten der Besten ausgebildet wurde. In der Kunst der Philosophie wurde er beispielsweise von keinem geringeren als Seneca unterwiesen. Bereits als Knabe schien Nero ein gesteigertes Interesse an der Kunst, Musik und dem Theater gehabt zu haben.
Neros Mutter Agrippina heiratete Kaiser Claudius, der Nero 50 n. Chr. auch adoptierte. Dies könnte, zumindest überliefert es so die römische Geschichtsschreibung, dank der Bemühungen Agrippinas geschehen sein. Diese sei eine sehr machtgierige Frau gewesen, die Nero als den nächsten römischen Kaiser sah und sich durch ihn an die Spitze des Römischen Reiches setzen wollte.
Vier Jahre darauf starb der römische Kaiser. Ob hier Agrippina oder Nero an dem Tod Claudius‘ beteiligt gewesen waren, wird von einigen Historiker:innen vermutet.
Als Nachfolger des Claudius wurde Nero im Alter von 17 Jahren der fünfte julisch-claudische Kaiser. Nero war zunächst ein sehr beliebter Herrscher. Der Senat achtete ihn und das Volk liebte ihn dank seiner opulenten Spiele. Außerdem hob er die willkürliche Rechtsprechung seines Vorgängers auf. Diese Beliebtheit soll der Agrippina zu verdanken gewesen sein, die wohl einen großen Einfluss auf ihren Sohn hatte. Doch nach und nach machte sich Nero frei von seiner Mutter. Als diese ihm Einhalt gebieten wollte, ermordete er sie aus Angst, Agrippina würde ihn entmachten wollen.
Auch andere Familienmitglieder und Nahestehenden starben vermutlich durch die Hand Neros: Seine erste Frau Oktavia, ihren Stiefbruder und seine nächste Frau, die zu dem Zeitpunkt sein Kind in sich trug, wurden ermordet. Seinen Lehrer Seneca soll Nero zum Suizid gezwungen haben. Trotz all dieser Gewalt, ist sich die Forschung bis heute nicht einig, inwiefern diese Morde ein Akt des Vergnügens waren oder sich Nero so seinen Gegnern entledigen wollte – wie es andere Kaiser auch vor ihm getan haben.
Im Jahr 64 n. Chr. kam es zu einem verheerenden Brand in der römischen Hauptstadt. Nero, der sich während des Ausbruchs des Feuers auf seinem Landsitz aufhielt, war entsetzt über die Zerstörung. Nach dem Brand ließ der Kaiser per Gesetz Sicherheitsmaßnahmen erlassen, um solche Großbrände in Zukunft zu vermeiden. Dazu gehörten Maßnahmen wie die Verbreiterung von Straßen und Gassen und eine Begrenzung für Stockwerke von Wohnhäusern. Dank Hollywood ist uns aber heute ein ganz anderes Bild vor Augen, wenn wir an den Brand von 64 n. Chr. denken: Nero, der die Stadt anzündete und auf dem Balkon die Kithara spielt. Auch die Bestrafung der vermeintlichen Schuldigen brannte sich in das kollektive Gedächtnis: Nero ließ eine große Anzahl an Christ:innen vor den Augen der Bewohner:innen Roms durch Tiere umbringen.
Nachdem in Rom nun so viel Baugrund frei war, ließ sich Nero ein Haus bauen, welches ein Drittel der damaligen Fläche Roms beansprucht haben soll. Er nannte sein neues Zuhause domus aurea (goldenes Haus). Finanziert wurde dieses pompöse Bauprojekt durch die Ausblutung von Provinzen und Senatoren.
Im Anschluss daran reiste Nero nach Griechenland, um 66 n. Chr. an einer Vielzahl musischer Spiele teilzunehmen, anstelle sich um die Regierungsgeschäfte zu kümmern.
Vermutlich waren es seine Hybris, sein Exzentrismus und sein fehlendes Interesse für die Staatsgeschäfte, die den Senat 68 n. Chr. dazu brachten, ihn zum Staatsfeind zu erklären. Doch bevor das Urteil vollzogen werden konnte, suizidierte sich Nero selbst. Zu Neros Tod schreibt Sueton:
„Er starb im zweiunddreißigsten Lebensjahr, und zwar an dem Tag, an welchem er einst die Octavia ermordet hatte, und so groß war die allgemeine Freude über seinen Tod, dass das Volk mit Freiheitsmützen auf den Köpfen durch die ganze Stadt lief. Und dennoch fehlte es nicht an Leuten, welche lange Zeit hindurch sein Grab mit Frühlings- und Sommerblumen schmückten und bald seine Bildnisse in der Prätexta bei der Rednerbühne, bald seine Edikte, als ob er noch lebe und binnen kurzem wiederkehren werde, zum Vorschein brachten.“
Um die Erinnerungen an Nero auszulöschen, beschloss der Senat ihn mit der damnatio memoriae zu belegen. Dies wird im Allgemeinen mit Neros schwieriger Beziehung zum Senat begründet. Ob Nero zu Lebzeiten schon einen Ruf als Monster gehabt hatte oder ob dies ein Produkt aus der vorwiegend christlichen Geschichtsschreibung ist, bleibt bis heute offen.