Der russische Politiker Michail Gorbatschow wurde unter anderem von dem mdr zu seinem 90. Geburtstag im letzten Jahr zum »Jahrhundertpolitiker« gekürt. Gorbatschow brachte Frieden nach Europa, er war maßgeblich am Ende des Kalten Krieges beteiligt, ermöglichte den ehemaligen Ländern der UdSSR die Eigenständigkeit und somit die deutsche Einheit.
So, wie Gorbatschow im Ausland als Friedensbringer verehrt wird, wird er in seinem Heimatland von einigen als »Totengräber der UdSSR« bezeichnet.
Als Sohn eines russischen Vaters und einer ukrainischen Mutter wuchs Gorbatschow im heutigen Stawropol in einer Bauernfamilie auf. Da Gorbatschow, als er zum Militär gehen wollte, ausgemustert wurde, entschied er sich anstelle dessen für ein Jura-Studium in Moskau. Im Alter von 21 Jahren wurde Gorbatschow Mitglied der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und entwickelte sich seitdem Schritt für Schritt zu einem der mächtigsten Männer des sog. Ostblocks.
Ab 1985 bekleidete Gorbatschow das Amt des Generalsekretärs des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und konnte in dieser Position jene Probleme angehen, die in der UdSSR zu der Zeit für viel Unzufriedenheit und Kummer gesorgt haben: Die Sowjetunion führte einen Krieg in Afghanistan, den sie nicht gewinnen konnten, die Planwirtschaft war gescheitert und das Wettrüsten mit den USA hatte den Staatshaushalt ruiniert. Mit seinen Reformen brachte Gorbatschow einen neuen Fokus und somit neue Möglichkeiten in den Staat.
Glasnot: Gorbatschow für mehr Offenheit
Anstatt die Entscheidungsgewalt wie zuvor von sehr wenigen hinter verschlossenen Türen zu überlassen, schaffte Gorbatschow einen partiellen Meinungspluralismus. Damit ging auch einher, dass die Bürger:innen nun ihre Meinung verkünden durften, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.
Perestroika: Gorbatschow strukturiert um
Um die verkrusteten gesellschaftlichen Strukturen aufzuweichen, beschloss Gorbatschow, die Verwaltung und Politik neu zu strukturieren. Konkret hieß das, dass es nun mehreren Kandidaten gestattet gewesen war, bei Wahlen anzutreten (allerdings erst mal nur aus einer Partei). Außerdem sorgte Gorbatschow für eine Gewaltenteilung zwischen dem Zentralkomitee und dem Parlament.
»Wir brauchen die Demokratie wie die Luft zum Atmen.«
Michail Gorbatschow
Neben der Abgabe der Kontrolle der Marktwirtschaft gab die Regierung nun auch den Ländern, die Teil der Sowjetunion waren, den Weg in eine eigenständige Existenz frei. Die gut 125 Völker konnten so selbst entscheiden, was für sie die vermeidlich beste Regierungsform war. Es kam vielerorts zu einer friedlichen Ablösung von des Kommunismus. Im August 1989 ergriff Polen als erstes Land diese Chance ein demokratischer Staat zu werden, dicht gefolgt von Ungarn.
Die Breschnew-Doktrin wurde von der Sinatra-Doktrin (benannt nach dem Sänger Frank Sinatra wegen seines Songs My Way) abgelöst. Damit hatte Gorbatschow zwar nicht den idealen Staat und die ideale Regierungsform geschaffen, aber den Weg für eine demokratische Regierung geebnet. Und gerade in den letzten Jahren, vor allem aber in den letzten Monaten, wurden viele Stimmen laut, die sich so einen Jahrhundertpolitiker wie Gorbatschow zurück an die russische Spitze wünschen.