»Halbgott« Prinz August Wilhelm

Wer war »Auwi«?

Prinz August Wilhelm war ein Angehöriger der Kaiserfamilie Hohenzollern und trat unter dem Kurznamen »Auwi« in der Endphase der Weimarer Republik und der frühen Zeit des Nationalsozialismus durch sein begeistertes Eintreten für Hitler und den Nationalsozialismus in Erscheinung. Walter Mehring schilderte diesen »NS-Halbgott« schon sehr früh analytisch, klar und bissig - nachzulesen in Mehrings bemerkenswertem, der Öffentlichkeit jetzt wieder zugänglich gemachten Buch »Naziführer sehen dich an.«

 

Leseprobe

von Walter Mehring 

»Ich bin der Sohn eines verarmten Gutsbesitzers!«

Wer? Wilhelms des Abgefundenen Sprösslings »Auwi«. 177 000 Hektar besitzt im Deutschen Reich noch immer der verarmte Gutsbesitzer, dessen Sohn der »Völkische Beobachter« als »Arbeiter« feiert, »weil er sich doch geistig beschäftigt«. Und selbst diese letzte Begründung ist übertrieben.

Vor wenigen Jahren noch wurde dieser erlauchte Zollernprinz von den Nazis als »Stahlhelmprinz« angegriffen; »Kriegsdrückebergertum« warf ihm, nicht zu Unrecht, das Naziorgan »Nationale Volkszeitung«, Hof in Bayern, vor. Rüffelte ihn wegen »eigennütziger Vertretung reaktionärer Interessen«. Als Stahlhelmer beschimpfte er die Sozialisten als Leute, »von denen man noch nicht einmal wisse, ob ihr Großvater nicht im Zuchthaus gesessen habe«. Den Marxismus bekämpfte er als Hitlerianer – 1930 trat er zur Partei über – mit der Begründung, der Marxismus habe ihn durch die Revolution enterbt und um sein Eigentum betrogen.

In der glorreichen Monarchie waren die Zollernprinzen als Leutnants geboren worden. Die Schandrepublik, so wohlwollend sie sich ihnen gegenüber erwies, hat solchen Glanz ein wenig beeinträchtigt. Wandlung ein prinzlich schneller Aufstieg: Standartenführer, Unterführer, Oberführer zur besonderen Verwendung. Und nun im Dritten Reich: SA-Brigadeführer, Mitglied des preußischen Staatsrats.Immerhin, als Auwi der Vorsichtige sich der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei anschloss, in ihre SA eintrat, belohnte solche

Die Zollern hatten ihre Rollen gut verteilt, den Zeitumständen angemessen. Im Stahlhelm sprach Oktober 1932 die Frau Kronprinzessin Cäcilie. Den Verbindungsoffizier zwischen Stahlhelm und der damals stahlhelmfeindlichen NSDAP spielte in jenen Tagen der Kronprinz. Auwi vermittelte Geldzuwendungen des erlauchten Vaters für seine Partei, veranlasste eine Visite seiner hohen Stiefmutter Hermine im Braunen Haus.

Sein Sohn Alexander sorgte für gute Beziehungen zu Börsenkreisen, volontierte im Bankhaus von der Heydt, war allbeliebt auf der Börse als Nachbar des ihm befreundeten Maklers Lewisohn, wurde vom Börsenwitz durch den Namen »Auwisohn« geehrt. Proleten allerdings hatten ihn, der sie als »Arbeiterpack« traktiert und vor ihnen ausgespuckt hatte, auf offener Straße in Bayreuth geohrfeigt.

Auwi und die übrigen Hohenzollern haben sich – wohl oder übel – im Dritten Reich eingerichtet wie in der Republik. In deren letzten Tagen forderte noch Dr. Quaatz, Hugenbergs Sprachrohr, »die Wiederaufbauarbeit Deutschlands müsse ihr letztes und größtes Ziel in der Wiederherstellung des Hohenzollernkaisertums finden«. Hugenberg verschwand, der Kronprinz trat in einen Nazi-Automobilklub ein. Auwi wurde in den preußischen Staatsrat berufen. Wenn er auf »Volksgemeinschaftsversammlungen« in der Rednerliste »ein Arbeiter, ein Bauer, ein Prinz« als Letzter fungiert, so belohnt ihn bei feierlichen Anlässen ein Platz zwischen den Führern und den Industriekapitänen.

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