Polian, Pavel
Briefe aus der Hölle
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2019. Aus dem Russischen von Roman Richter; bearbeitet von Andreas Kilian. 632 S. mit 7 sw-Abb., 4 Tab. und 4 Karten, Bibliogr. und Reg., 15,5 x 23 cm, HC. wbg Theiss, Darmstadt.
- Artikelart Buch
- Ausstattung Hardcover
- Bestellnummer 1021475
- ISBN 978-3-8062-3916-4
- Erscheinungstermin 15.10.2019
- Verlag wbg Theiss
- Abbildungen 7 SW;4 Karten;4 Tabellen, schwarz-weiß
- Sprache Deutsch
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Es sind einzigartige Quellen. (…) Polians Edition führt erstmals alle erhaltenen Schriften zusammen. (…) Der Versuch, dieses Lager zu begreifen, kann deshalb nicht ohne die hier zusammengetragenen Quellen gelingen.
Stephan Lehnstaedt, SZ
Ein dicker Wälzer. Erschütternd bis zur letzten Seite.
Kirchenzeitung
Psychologisch einfühlsam versetzt er sich in die Chronisten, beschreibt sie als starke Persönlichkeiten, verteidigt sie gegen den jahrzehntelangen Vorwurf der Mittäterschaft. (…) Polian (…) hat den Zeugen der „Residenz des Todes“ ein Denkmal gesetzt und zudem einen gewichtigen Beitrag zur internationalen Holocaust-Forschung geleistet.
der freitag, Alexandra Senfft
In Zeiten des wachsenden Antisemitismus enthalten diese Dokumente auch eine Botschaft: Nie wieder.
Dieser Band präsentiert die geheimen Aufzeichnungen der jüdischen Häftlinge des Sonderkommandos in Auschwitz-Birkenau. Die Mitglieder des Sonderkommandos wurden von der SS gezwungen, bei dem Massenmord in den Krematorien, dem Verbrennen der Leichen, bei der Entsorgung der Asche von hunderttausenden Menschen mitzuhelfen. Im Mai 1944 bestand das Sonderkommando aus 874 Männern, von denen nur 25 keine Juden waren. Mehrere Mitglieder des Sonderkommandos nutzten ihre wenigen Freiräume, um Kassiber und auch umfangreiche Blattsammlungen in Flaschen und anderem zu verstecken und diese zu vergraben. Ein Überlebender von Auschwitz berichtete von 36 Verstecken, von denen nach archäologischen Ausgrabungen auf dem Gelände der Gaskammern und Krematorien von Auschwitz-Birkenau vor kurzem neun gefunden wurden.
Erstmals versammelt dieser Band alle erhaltenen neun Zeugnisse, die umfassend kommentiert sind, sowie einen unmittelbar nach der Befreiung im Umfeld von Auschwitz entstandenen Text von Abraham Levite in deutscher Übersetzung und bettet sie in den Entstehungszusammenhang ein.
Für den Historiker Hans-Heinrich Nolte bilden die aus der Asche überlieferten Papierrollen den jüdischen Überlebenswillen ab: „Die Todgeweihten des Sonderkommandos (dass einige überlebten, hatte keiner erwartet) weigerten sich, an den Erfolg des nationalsozialistischen Rassenwahns zu glauben und übermittelten der Nachwelt, die sie nach dem Sieg über den Nationalsozialismus erwarteten, Botschaften: Was wir erdulden, ist ungeheuerlich, aber findet und straft die Verbrecher!“ (S. 10)
Der Band beginnt mit fünf einführenden Essays. Zunächst werden Einschätzungen zu Opferzahlen des KZ Auschwitz und ein Überblick über die Befreiung durch die Rote Armee gegeben. Anschließend geht es um das Sonderkommando als beispielloses historisches und psychoethisches Phänomen. Danach wird rekonstruiert, wie der Widerstand und der Aufstand der Insassen am 7.10.1944 unter den Lagerbedingungen organisiert wurden und erlittene Blutzoll analysiert. Die Behandlung von Überlebenden der Shoah wird danach noch kurz angesprochen, bevor noch in einer Art Rekonstruktionsgeschichte die Suche, die Entdeckung und die Publikation der Manuskripte des Sonderkommandos in der Nachkriegszeit.
Der zweite Teil umfasst die Zeugnisse und Manuskripte. Neun Texte von den fünf Mitgliedern des Sonderkommandos Salmen Gradowski, Lejb Langfuß, Salmen Lewenthal, Herman Strasfogel und Marcel Nadjari überdauerten den Krieg und wurden entdeckt. Als zehnter Text ist ihnen die Handschrift Abraham Levites hinzugefügt. Dieser hatte nichts mit dem Sonderkommando zu tun, doch war sein Text im Lager Birkenau nur wenige hundert Meter von den Gaskammern und Krematorien entfernt geschrieben worden.
Jedem der sechs Chronisten ist ein eigener Abschnitt gewidmet, der mit einer kurzen Abhandlung über sein Schicksal, über die Entdeckung der Manuskripte sowie deren Übersetzung und Publikation eröffnet wird. Danach folgen die eigentlichen Texte, die meist aus dem Original ins Russische und dann ins Deutsche übersetzt wurden, begleitet von Kommentaren der Übersetzer und Pavel Polian. Dabei steht der jeweilige Text im Mittelpunkt, umrahmt von einem eigenen kontextuellen Stoff. Jene Fragmente, die unentziffert geblieben sind, werden mit Auslassungszeichen markiert.
Im Anhang findet man noch die Chronik der Ereignisse im Zusammenhang mit dem Sonderkommando in Auschwitz-Birkenau, das Verzeichnis der Textausgaben der Mitglieder des Sonderkommandos, eine Sammlung sowjetischer Quellen über die Befreiung der Roten Armee und deren erste Eindrücke, die Protokolle der Verhöre der Mitglieder des Sonderkommandos Shlomo Dragon, Henryk Mandelbaum und Henryk Tauber sowie eine Auswahlbibliografie und ein Abkürzungsverzeichnis.
Dies ist ein beeindruckender Beitrag zur internationalen Holocaust-Forschung aus der Sicht von Opfern. Es sind die grauenhafte, erschütternde Dokumente des schlimmsten Verbrechens in der Menschheitsgeschichte. Nun kann auch jeder im Land der Täter einen Ausschnitt aus der Chronik des Grauens nachlesen. In Zeiten des wachsenden Antisemitismus enthalten diese Dokumente auch eine Botschaft: Nie wieder.
Eine sehr wichtige Dokumentation zu Auschwitz
Gut, dass sich ein deutscher Verlag gefunden hat, der die Übersetzung aus dem Russischen veröffentlicht. Ich lese das Buch auf meinem Smartphone auf Russisch für umgerechnet 5 Euro. Dass auch die jiddischen Originaldokumente hier aus der russischen Übersetzung ins Deutsche übertragen wurden, ist eine philologische Fahrlässigkeit, mit der man leider leben muss. Auch polnische Quellen erfahren dieses Schicksal. Dass das Buch seinen Ausgangspunkt genommen hat von einem "Zufallsfund" des Autors in einem Petersburger Archiv ist ebenfalls ungewöhnlich, da die Benutzung einst russisch-sowjetischer Archive für die Holocaustforscher immer noch die Ausnahme darstellt. Einmal mehr stellt sich die Frage, wie diese "Katastrophe" (Shoa) von Deutschland aus über die Welt gebracht werden konnte. Ein Deutschland, von dem manche Zeitgenossen noch heute meinen, es sei durch die Renaissance und die "Moderne" der russischen und ostjüdischen Welt um Lichtjahre voraus gewesen.
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