Uelsberg, Gabriele / Wemhoff, Matthias (Hrsg.)
Germanen
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Im reich bebilderten Begleitband zur Ausstellung „Germanen - eine archäologische Bestandsaufnahme“ bieten renommierte deutsche und internationale Archäologen und Historiker auf dem aktuellen Stand der Forschung Einblicke in das Leben und Wirtschaften, in die Strukturen der germanischen Gesellschaften in dem von den Römern als "Germania magna" bezeichneten Raum zwischen Rhein, Weichsel und Donau vom 1.-4. Jahrhundert n. Chr. Anhand archäologischer Funde - darunter viele Neufunde - und Befunde eröffnet der Band ein eigenes, ein neues Bild von Germanen, das sich von der "römischen Brille" freizumachen sucht, durch die unsere Wahrnehmung von Germanen geprägt ist. Ein eigenes Kapitel reflektiert zudem Germanenbegriff und Germanenrezeption.
Herausgegeben von Gabriele Uelsberg und Matthias Wemhoff. 2020. 640 S. mit etwa 420 farb. Abb. und Karten, Bibliogr., 22 x 28 cm, geb. wbg Theiss, Darmstadt.
- Artikelart Buch
- Ausstattung Hardcover
- Bestellnummer 1025591
- ISBN 978-3-8062-4261-4
- Erscheinungstermin 15.09.2020
- Verlag wbg Theiss
- Seitenzahl 640
- Abbildungen 420 Farbig
- Sprache Deutsch
erhältlich als:
- Open-Access-Dokument
- Zusätzliche Inhalte
- Weiterführende Links
- Präsentationen
- Buchflyer
Auf den Ausstellungskatalog 'Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme' wurde bisher im Rahmen einer allgemeinen Berichterstattung der gleichnamigen Ausstellung in Die Welt am Sonntag und in der aktuellen Ausgabe von DER SPIEGEL verwiesen.
ein Meisterwerk
Ein historischer Begleitband zur Ausstellung in Berlin vom 17.09.20 bis 31.03.21 in der James-Simon Galerie.
Anfänglich stellt sich die Frage - woher kommt der Name?
Wahrscheinlich bezeichneten die Römer das Volk rechts des Rheins und nördlich der Donau als Germanen.
Der Wiener Historiker Walter Pohl behauptet allesdings, dass es die Germanen nie gegeben hat. Dies ist bis heute unumstritten.
Wir erfahren wie das Volk gelebt hat. Eine Land das nicht viel zu bietet hat. Der karge Boden eignet sich zunächst nicht für Ackerbau und Viehzucht, daher hat sich das Volk dem Handwerk verschrieben. Erst durch die Römer , nördlich der Alpen , verbreitete sich der Anbau von Getreide. Hier helfen uns die Bilder der archäologischen Bestandsaufnahme, den Anfang zu erforschen.
Dieser Prachband ist ein Meisterwerk und nicht in kurzer Zeit zu durchforsten. Man muss Kapitel für Kapitel aufnehmen und braucht seine Zeit, dies zu verarbeiten. Wunderbar auch die Illustrationen, die wertvolle Funde der Ausstellung zeigen, somit ermöglicht dieser Band Einblick für Jedermann, zumindest für Geschichtlich Interessierte. Hier handelt es sich nicht um einen Ausstellungs-Begleitkatalog, durch den verständlichen Schreibstil sorgen die erfahrenen Autoren und namhaften Wissenschftler dafür, uns den Lebensraum und die Gemeinschft , aber auch die Kriege, näher zu bringen.
Ganz klare 5 Sterne.
Positive Bewertung, sowohl wissenschaftlich-inhaltlich, als auch gestalterisch, nur wenige kleine Kritikpunkte
Begleitschrift und Katalog zur Ausstellung in Berlin und Bonn beginnt nach einleitenden Aufsätzen zur Intention der Präsentation mit dem üblichen Lamento, ob es die Germanen überhaupt gegeben hat oder nur eine Erfindung von Cäsar sind. Natürlich hat es sie gegeben, selbst wenn sie sich selbst nie als einheitliches Volk unter diesem Namen gesehen haben. Von den Römern konnten sie jedenfalls deutlich von z. B. den Kelten unterschieden werden.
Eine Bestandsaufnahme verspricht der Titel – das ist fast immer der auch wissenschaftliche Wert gewichtiger Ausstellungsbegleitschriften: eine Zusammenfassung des Wissensstandes. Dieses Anliegen wird in mehreren Kapiteln voll erfüllt. Historisches und politisches Geschehen, Wirtschafts- und Siedlungsweise, Religion, Krieg, Alltagsleben und Umwelt werden ausführlich dargestellt. Abschließende Kapitel über erneut die Diskussion von Germanenname und Germanenbegriff sowie Rezeption sind wie üblich zu lang, zumal es hier nichts aktuell Neues zu berichten gibt.
Erfrischend wirkt sich aus, daß zumindest bei einem Teil der Themenaufsätze nicht auf Altwissenschaftler zurückgegriffen wurde, die die Themenbereiche seit Jahrzehnten besetzt (um nicht zu sagen blockiert) haben, sondern junge innovative Kollegen zu Worte kommen durften. Über die Auswahl bestimmter Schwerpunkte zu beispielsweise Fundorten oder Methoden ist man bisweilen allerdings erstaunt. So ist zu bemängeln, daß der wohl wichtigste Fundort des letzten Jahrzehnts zu den Beziehungen zwischen Römern und Germanen, das Schlachtfeld vom Harzhorn in Südniedersachen, nur am Rande in einem thematisch dazu unpassenden Aufsatz halbherzig erwähnt wird. Dabei wurde gerade hier Geschichte neu geschrieben. Hier sei deshalb auf die im gleichen Verlag erschienenen Ausstellungsbegleitschrift im Landesmuseum Braunschweig hingewiesen.
Insgesamt aber eine Publikation, die nur wärmstens empfohlen werden kann. Besonders hervorzuheben ist letztlich die angenehm klare, unaufdringliche, gefällige, sinnvolle Gestaltung und das Layout des Textes und der Abbildungen – ganz im Gegensatz zu den vorhergehenden, überladenen archäologischen Publikationen der Wbg.
Abschied von schnäde-räng-täng
Als die Römer frech geworden, zogen sie nach Deutschlands Norden. Und wen trafen sie dort? Die Germanen. Klar doch.
Gar nicht klar! Im Begleitband zur Ausstellung „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“ wird das Bild der Germanen vom Kopf auf die Füße gestellt. Bis hin zur Frage: ob es ein „Volk, das sich Germanen nannte“ überhaupt je gegeben hat.
Damit ist der erste Themenkomplex des Buches abgesteckt: Welche Rolle spielte die Vorstellung eines einheitlichen, germanischen „Volkes“, aufgeteilt in „Stämme“, in unserer Geschichte? Wieviel Wissenschaft war darin enthalten und wieviel Sehnsucht nach mythischen Vorfahren einer deutschen Nation, oder eben eines „tausendjährigen“ deutschen Reiches. Dazu empfehle ich den wunderbar sachlichen Artikel „Wer hat Angst vor den Germanen?“ von Susanne Grunwald und Kerstin P. Hofmann am Ende des Bandes.
Der Artikel ist ernüchternd und erleichternd – er zeigt uns die Projektionskraft, die mit den Germanen als einer Art Ur-Deutschen verbunden ist – mit dem Höhepunkt leider in der Zeit des Nationalsozialismus. Von diesen Vorstellungen müssen und dürfen wir uns verabschieden.
Wenn „Germania“ dann nur ein von den Römern benutztes Wort ist für die Gegenden rechts des Rheins und nördlich der Donau? Und wenn die „alten Germanen“ nur die Menschen waren, die damals dort gewohnt haben, wo wir (und die Dänen, Polen, Tschechen, …) heute wohnen? Dann stellt sich trotzdem – jenseits von Verklärung und Mythen – die Frage wie unsere „Vormieter“ gelebt haben. Damit sind wir beim zweiten Themenkomplex. Zur Beantwortung sind nur archäologische Funde erlaubt, die der Band – im Sinne einer „archäologischen Bestandsaufnahme“ – uns näher bringt. Die vielen Artikel namhafter Wissenschaftler beschäftigen sich mit Wohnverhältnissen, Lebenswelten, der Gesellschaft, dem Krieg und dem Verhältnis zum römischen Reich. Das ist nicht immer leicht lesbar – um es freundlich auszudrücken – auch wenn die Autor/innen (übrigens zu ein Drittel Frauen) sicherlich Ihr Bestes gegeben haben. Zum „hintereinander weg lesen“ eignet sich der Band sicher nicht.
Aber es finden sich auch leichter anmutende Stücke. Mein Highlight: zwei germanische Breirezepte, die ich aber – man möge es mir verzeihen – nicht nachgekocht habe.
Damit komme ich zu etwas ganz anderem: den Bildern. Und hier liegt der Reiz des Bandes: Von Ort- und Hausskizzen über wunderbare Fotos von Fundstücken bis zu großformatigen Bildern, die mit viel Fantasie das Leben der „Germanen“ ausschmücken. Höhepunkt ist das Kapitel „Germanenkult oder Mythengeschichte“ von Matthias Wemhoff mit Bildern und Erläuterungen zum Gemäldefries im Berliner Neuen Museum, das in der Berliner Ausstellung zugänglich ist.
Die Ausstellung ist vom 17.9.2020 bis zum 21.3.2021 in der James-Simon-Galerie in Berlin zu besuchen und wandert dann in „nicht-germanische“ Gefilde links des Rheins, in das LVR-Landesmuseum Bonn (vom 6.5. bis zum 24.10.2021). ACHTUNG! Das ist KEIN AUSSTELLUNGSKATALOG, sondern ein wissenschaftlicher Begleitband! Der reichlich bebilderte Band, kostet 50€ bzw. 39€ als Museumskauf. Er wiegt stolze 2,835 kg – nichts für Leute, die in der Regel auf dem Sofa lesen, soviel kann ich bestätigen! (Das ist 1,38€ pro 100 g – viel Buch fürs Geld ?)
Mir hat der Band zweierlei gebracht: den Abschied von den „alten Germanen“ (schnäde-räng-täng ) und Lust auf die Ausstellung.