Haag, Anna
»Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode«
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Die Aufzeichnungen der späteren Politikerin erscheinen nun erstmals vollständig in der von Anna Haag selbst vorbereiteten Zusammenstellung.
»Das Tagebuch der Anna Haag ist den berühmten Tagebüchern des Romanisten Victor Klemperer zur Seite zu stellen.«
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)
2021. 448 S. mit 10 Abb., 15.6 x 22.2 cm, Lesebänd. geb. mit SU. Reclam, Ditzingen.
- Artikelart Buch
- Bestellnummer 1028526
- ISBN 978-3-15-011313-4
- Erscheinungstermin 05.09.2021
- Verlag Reclam, Ditzingen
- Seitenzahl 448, Lesebändchen
- Abbildungen 10 SW
erhältlich als:
Thema: Nationalsozialismus Weitere Bücher zum Nationalsozialismus
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Anna Haag (1888-1982) war Schriftstellerin, Journalistin und Politikerin. Nach 1945 engagierte sie sich für den Wiederaufbau und zahlreiche soziale Projekte. Für die SPD saß sie als Abgeordnete im ersten baden-württembergischen Landtag, sie konzipierte das Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz. 1958 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Holleis, Jennifer
Jennifer Holleis, geb. 1980, ist Journalistin, Übersetzerin und Dolmetscherin. Sie beschäftigt sich seit 2012 mit Anna Haags Tagebüchern.
Endlich liegt ihre klarsichtige Analyse komplett vor. [...] Bis heute blieb diese für Völkerverständigung und Frieden streitende Demokratin unbekannt. Doch nun sollten Haags so wichtige Aufzeichnungen auch nachträglich jeder Familie zur Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte als Pflichtlektüre dienen. Sie lesen sich noch immer als eindrucksvolle Bestätigung jüngster NS-Forschung.
Anna Haags Tagebuch aus der Zeit von 1940 bis 1945 ist ein Dokument bemerkenswerter Standhaftigkeit. [...] Müsste der Leser eine Zeitreise in die Jahre 1940 bis 1945 antreten, er wünschte sich wohl die Klarheit und Festigkeit dieser Frau.
Ein ungeheuerlich eindrucksvolles, atemberaubendes Dokument, das nun endlich vorliegt. [...] Als einer, der seit Jahrzehnten die Verbrechen Hitlerdeutschlands erforscht, musste ich zum Selbstschutz professionelle Distanz entwickeln. Aber Anna Haags Buch las ich aufgewühlt und von ihren Beobachtungen gebannt in einem Zug. Wie konnte unser Volk so tief herabsinken? Diese noch immer unbeantwortete Frage trieb Anna Haag um - und sie erklärt uns Heutigen vieles.
Wirklich erstaunliche Texte - eine wirklich interessante Frau und ein faszinierendes Lebenswerk, das gerade neu entdeckt wird
Kaum ein zeithistorisches Dokument gewährt ähnlich tiefe, schonungslose und vor allem authentische Einblicke in den Alltag und die Stimmung in der Bevölkerung. Früh schon stellte Haag die Frage, mit der sich sämtliche Nachkriegsgenerationen bis heute befassen: Wie konnte sich ein ganzes Volk von einem Massenmörder verführen lassen? Wie konnte eine gebildete Nation jeden Anstand, jede Moral und jedes Gefühl für Recht und Unrecht verlieren? Die akribische Arbeit der Herausgeberin war von großer historischer und wissenschaftlicher Bedeutung.
Tagebücher sind wie Zeitkapseln, denn sie halten Eindrücke des jeweiligen Moments fest. Gerade aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs sind sie von besonderer Bedeutung für die historische Forschung, weil sie Einblick in das gewähren, was Menschen wirklich dachten - jenseits dessen, was die Propaganda ihnen zu denken vorgab. [...] Es ist zu hoffen, dass Anna Haags Schriften jetzt endlich eine breitere Aufmerksamkeit bekommen.
10 nach 8
-Newsletter, 23.03.2021
Ich habe schon lange kein so ergreifendes und derart Mut machendes Buch mehr gelesen - was für eine Feier der Zivilcourage!
Es ist eine Chronik, die ähnlich wie von Victor Klemperer einen Einblick gibt in den Alltag im Nationalsozialismus.
die Autorin beantwortet die oft gestellte Frage: wie und warum war "das" möglich - verständlich und klar
Es wird immer wieder gefragt, wie und warum "das" (was mit dem Nationalsozialismus und der Politik im Deutschen Reich 1932/33 bis 1945 verbunden geschah) möglich war ...
Anna Haag gibt oft sehr genau Antworten mit dem, was sie von ihren Zeitgenossen berichtet – hört, sieht, über die Lage der Dinge denkt und über deren Qualität urteilt.
Es sind vor allem Mangel an (Weiter-)Denken, falsche Begriffe, Mangel an Ethik und Haltung und Achtung der Würde der Menschen, es sind Opportunismus, Eigennutz, voreilige Bewertungen und Urteile ohne hinreichende Kenntnisse, maßlose Selbstüberschätzung und Überforderung | Überlastung des Volkes ... und fatale Fehleinschätzungen von Teilen der Eliten und Politiker / Machthaber ... sowie die üble Angewohnheit, alles schönzureden, was einem (nicht) passt. Und die Realitäten zu leugnen.
Es ist kaum möglich, das alles auf "das Volk" zu schieben und zu meinen, das sei dessen / deren Schuld allein. Es wird hier ein katastrophaler vielgliedriger Mangel sichtbar, der über Jahrzehnte entstanden und nicht behoben wurde - in allen Schichten zu viel = zu wenig Wissen, Verständnis, Denk- und Urteilsfähigkeit, Ethos und Würde. In Summa: bei Eliten und Führung zu viel Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit, bei den Menschen in allen Schichten: Unwissen, Unverständnis und falsche Urteile.
Ebenso wird deutlich, in welchem Dilemma sich diejenigen menschen befanden, die es anders als die meisten sahen und beurteilten - und vor der Frage standen, wieviel sie von ihrem Leben aufs Spiel setzen, ohne oder mit welchem (Miss-)Erfolg. Das nachträglich zu "fordern" ist viel zu einfach gedacht.
Diese Tagebuchedition kann ich nur empfehlen: zum Mit- und Nachdenken.
J. Germann
Selbst in den finstersten Zeiten ist selbständiges Denken möglich
Im Alter von knapp 52 Jahren beschließt die Schriftstellerin, Journalistin, Politikerin und Pazifistin Anna Haag ein Kriegstagebuch zu führen. Es sollte Zeugnis ablegen für ihre in England lebende Tochter und ihren zunächst in England, dann in Kanada internierten 18 jährigen Sohn über die Ereignisse in Deutschland.
Anna Haag berichtet von den Deportationen und Enteignungen der Juden, schildert deren massenhafte Ermordung im Osten, sie berichtet von den Greultaten an der Bevölkerung in den besetzten Gebieten und den Raubzügen deutscher Soldaten, sie weiß von den Euthanasie Opfern im benachbarten Grafeneck und hört bereits 1943 von den Versuchen, eine Waffe mittels „Atom-Zertrümmerung“ zu entwickeln und ahnt deren Zerstörungskraft. Vorort sieht sie die „Versklavung“ der ausländischen Fremdarbeiter. Gleichzeitig erlebt sie tagtäglich im Gespräch und im Handeln die ideologische Verblendung ihrer Mitbürger, deren Großmannssucht und Skrupellosigkeit. Sie verzweifelt, sie schämt sich, sie fühlt sich machtlos. Sie macht sich Gedanken, welcher Widerstand möglich wäre, erkennt aber zugleich die Nutzlosigkeit einer einzelnen „Heldentat“
Das Tagebuch dient als Ventil, weil sie kaum ein offenes Wort wagen darf, genau abwägen muss, wer „Anti-Nazi“ ist und wem sie somit vertrauen kann. Wie ein Leitmotiv durchzieht die Hoffnung auf eine Niederlage der deutschen Truppen das Tagebuch, denn die Niederlage bedeutet für Anna Haag das Ende des Krieges und das Ende der NS- Gewaltherrschaft. Dass das deutsche Volk dafür durch tiefes Leid gehen muss, sieht sie als unabdingbar: „Vielleicht lernen wir dann endlich, endlich einzusehen, was wir anderen Völkern zugefügt haben.“ (Tagebucheintrag 4.7.1941, S. 87) Und ihr ganzes Streben gilt der Zeit nach dem Krieg . Sie will mithelfen, ein anderes, ein besseres Deutschland aufzubauen.
Ihre beeindruckenden, unbedingt lesenswerten Aufzeichnungen belegen: selbst in den finstersten Zeiten ist selbständiges Denken möglich. Man kann wissen, wenn man hören will. Man kann das Wissen nutzen, um Besseres anzustossen. Vielleicht nicht immer sofort, aber irgendwann. Anna Haag lieferte das beste Beispiel. Ihr Gesetzentwurf zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung, den sie 1947 im baden-württembergischen Landtag einbrachte, wurde angenommen und ging letztlich leicht modifiziert auch ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ein.
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