In Bildern von enormer Eindringlichkeit schildert Serhij Zhadan, wie sich die vertraute Umgebung in ein unheimliches Territorium verwandelt. Mindestens so eindrucksvoll ist seine Kunst, von trotzigen Menschen zu erzählen, die der Angst und Zerstörung ihre Selbstbehauptung und ihr Verantwortungsgefühl entgegensetzen. Seine Auseinandersetzung mit dem Krieg im Donbass findet mit seinem Roman Internat ihren vorläufigen Höhepunkt.
Ein junger Lehrer will seinen 13-jährigen Neffen aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause holen. Die Schule, in der seine berufstätige Schwester ihren Sohn "geparkt" hat, ist unter Beschuss geraten und bietet keine Sicherheit mehr. Durch den Ort zu kommen, in dem das zivile Leben zusammengebrochen ist, dauert einen ganzen Tag.
Der Heimweg wird zur Prüfung. Die beiden geraten in die unmittelbare Nähe der Kampfhandlungen, ohne mehr sehen zu können als den milchigen Nebel, in dem gelbe Feuer blitzen. Maschinengewehre rattern, Minen explodieren, öfter als am Tag zuvor. Paramilitärische Trupps, herrenlose Hunde tauchen in den Trümmern auf, apathische Menschen stolpern orientierungslos durch eine apokalyptische urbane Landschaft.
- Artikelart Buch
- Ausstattung Hardcover mit Schutzumschlag
- Bestellnummer 1030914
- ISBN 978-3-518-42805-4
- Erscheinungstermin 08.07.2022
- Verlag Suhrkamp, Berlin
- Seitenzahl 300
erhältlich als:
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Juri Durkot, 1965 geboren, studierte Germanistik in Lemberg und Wien. Seit 2007 übersetzt er gemeinsam mit Sabine Stöhr das Romanwerk von Serhij Zhadan.
Sabine Stöhr, 1968 geboren, studierte Slawistik in Mainz und Simferopol. Seit 2004 übersetzt sie aus dem Ukrainischen, v.a. die Werke von Juri Andruchowytsch und, gemeinsam mit Juri Durkot, das Romanwerk von Serhij Zhadan. 2014 wurde sie mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung ausgezeichnet. Ebenfalls 2014 erhielt sie, gemeinsam mit Juri Durkot und dem Autor, den Brückepreis Berlin für Die Erfindung des Jazz im Donbass von Serhij Zhadan. 2018 wurde Sabine Stöhr und Juri Durkot der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen für ihre Übersetzung des Romans Internat von Serhij Zhadan.
Wer verstehen will, was in der Ostukraine geschehen ist, muss die Bücher von Serhij Zhadan lesen.
Endzeitstimmung in der Ostukraine
Ein sehr packend geschriebener Roman, der ein tiefes Gefühl für die dramatische Situation in der Ostukraine seit 2014 vermittelt. Es ist ein Buch über Krieg und Zerstörung. Grundthema ist letztlich, wie der kriegerische Konflikt den Menschen ihren Alltag raubt und man irgendwie sehen muss, wie man mit dem Leben davon kommt. Der Roman spielt an insgesamt drei Tagen und führt den Protagonisten Pascha, einen Sprachlehrer, durch umkämpftes Gebiet, weil er seinen in der Stadt im Internat lebenden Neffen nach Hause holen möchte. Die Strecke beträgt nur wenige Kilometer, ist aber fast unüberwindbar und im wahrsten Sinne des Wortes immer wieder lebensgefährlich. Auch Wetter und Landschaft wirken bedrohlich. Es ist neblig, kalt und die Landschaft ein bißchen wie aus der Zeit gefallen. In der umkämpften Stadt gibt es keine Vögel mehr, die Bäume sind verbrannt , Parkanlagen werden zu Friedhöfen, alles liegt im Nebel, fast eine Endzeitstimmung. Das Bedrohliche kommt aber nicht von den Naturgewalten, sondern ist Menschen gemacht. Die „normalen“ Menschen werden zwischen den Fronten zerrieben und wollen doch eigentlich nur ihr kleines, ruhiges Leben leben. Aber vielleicht hat genau das zu dem geführt, was wie eine Urgewalt über die Menschen kommt. An einer Stelle lässt Zhadan die Internatsdirektorin zu dem Protagonisten sagen: „Sie sind ihr ganzes Leben lang gewöhnt, sich zu verstecken. Dass nichts Sie etwas angeht, dass immer andere für Sie entscheiden, dass irgend jemand es schon richten wird. (…) Machen Sie sich keine Illusionen, am Ende werden alle bezahlen. Und das ist für diejenigen am schlimmsten, die es nicht gewöhnt sind, Verantwortung zu übernehmen.“ (S. 144)
Und so ist Zhadans Roman bedingt auch hoffnungsvoll, nämlich dann, wenn die Menschen Verantwortung übernehmen und über sich hinauswachsen. So wie der Lehrer Pascha, der sich auf den Weg macht, seinen Neffen zu retten.
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