Leiris, Michel / Albers, Irene / Heinrichs, Hans-Jürgen
Phantom Afrika
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Durchgesehene und erweiterte Neuausgabe
Michel Leiris wird gerade wieder neu entdeckt: als Kronzeuge kolonialer Raubkunst. Tatsächlich wird man kaum einen Autor finden, der die fragwürdigen Praktiken bei der Aneignung von Objekten durch Ethnografen in Afrika - Rettung durch Raub - so freimütig aus der Täterperspektive schildert. Die Ethnologen haben ihn nach diesen Enthüllungen zuerst als unseriösen »Literaten« verunglimpft, um Phantom Afrika (1934) später zum Vorbild für eine experimentelle Ethnografie in der ersten Person zu erklären. Aus heutiger Sicht bietet das von Surrealismus und Psychoanalyse inspirierte Tagebuch des Sekretärs der legendären, staatlich finanzierten Forschungs- und Sammlungsreise von Dakar nach Djibouti (1931-1933), der ersten und größten dieser Art, vielleicht noch grundlegendere Einsichten in die Paradoxien der Feldforschung im kolonialen Zeitalter. Denn der Surrealist mit Tropenhelm ist vor allem eins: schonungslos. Genauso wie die Methoden der Wissenschaftler seziert er seine Widersprüche und Obsessionen, dokumentiert seine exotistischen und kolonialistischen Vorstellungen. Zum Antikolonialisten wurde Leiris erst durch diese Erfahrung. So wird der Leser Zeuge, wie ein weißer europäischer Mann, der sich in Afrika auf die Suche nach Grenzerfahrungen macht, am Ende vor allem seine inneren Dämonen kennenlernt - nicht die schlechteste Voraussetzung, um die Geister und die Poesie der »Anderen« zu erforschen.
In den 1980er Jahren Kultbuch der bundesrepublikanischen Ethnoboom-Generation, war die deutsche Übersetzung von L'Afrique fantôme seit Langem vergriffen. In dieser u. a. um Leiris' Briefe an seine Frau erweiterten Neuausgabe wird das so singuläre wie epochale Zeugnis der Widersprüche des Kolonialismus zwischen Gier nach Besitz und Sehnsucht nach Besessenheit nun endlich wieder verfügbar.
- Artikelart Buch
- Ausstattung Hardcover mit Schutzumschlag
- Bestellnummer 1031041
- ISBN 978-3-95757-778-8
- Verlag Matthes & Seitz, Berlin
- Seitenzahl 968
erhältlich als:
- Open-Access-Dokument
- Zusätzliche Inhalte
- Weiterführende Links
- Präsentationen
- Buchflyer
Rolf Wintermeyer, 1948 geboren, lebt in Paris, Professor für Germanistik und Übersetzer u. a. von Michel Leiris' Ethnologischen Schriften.
Irene Albers ist Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und für Romanische Philologie an der Freien Universität Berlin. 2018 erschien Der diskrete Charme der Anthropologie - Michel Leiris' ethnologische Poetik bei Konstanz University Press.
Tim Trzaskalik, 1970 in Bonn geboren, ist Autor und Übersetzer. Er lebt und arbeitet im Finistère und im hessischen Hinterland.
Hans-Jürgen Heinrichs, 1945 in Wetzlar geboren, ist freier Schriftsteller und Ethnologe mit ausgedehnten Reisen in Afrika, im Vorderen Orient und Pazifik, lebte lange Zeit in Spanien, Amsterdam, Rom und Paris, und wohnt seit 2008 in Berlin. Er ist Autor eines breiten kulturtheoretischen Werks und hat zahlreiche Prosa- und Essaybände publiziert sowie Biografien (u.a. über Leiris, Bataille, Lévi- Strauss, Frobenius, Morgenthaler) und Gesprächsbände, u.a. mit Peter Sloterdijk, Georges-Arthur Goldschmidt, Gerhard Roth, und 2006 im Antje Kunstmann Verlag Schreiben ist das bessere Leben. Er ist auch Herausgeber vieler Werk-Editionen.
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